Rz. 11

Die Vorschrift verpflichtet die gesetzlichen Vertreter der prüfungspflichtigen Ges., dem Abschlussprüfer den zu prüfenden Jahresabschluss und Lagebericht unverzüglich vorzulegen. Die unverzügliche Vorlage, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), gründet auf der Vorstellung, dass zunächst die gesetzlichen Vertreter Jahresabschluss und Lagebericht aufstellen und erst dann der Abschlussprüfer mit seiner Prüfung beginnt. Diese eher "klassische Sichtweise" ist in der Praxis oftmals nicht mehr anzutreffen.

 

Rz. 12

Die Komplexität der Rechnungslegung für den Jahresabschluss und Konzernabschluss, verbunden mit dem zunehmenden Termindruck (fast close) bei Abschlusserstellung und -prüfung, haben zu einer zeitlichen Überlappung von Erstellung und Prüfung geführt, sodass im Zuge der Abschlussprüfung von den gesetzlichen Vertretern vorgelegte Unterlagen auch bis zum Abschluss der Abschlussprüfung wieder geändert werden können. Hier wird die Korrektivfunktion des Abschlussprüfers deutlich, der bei der Abschlussprüfung festgestellte Fehler, die von der geprüften Ges. berichtigt werden, nicht in sein Prüfungsurteil einzubeziehen hat.[1]

 
Praxis-Beispiel

Der Abschlussprüfer der prüfungspflichtigen GmbH stellt während der Abschlussprüfung fest, dass für einen laufenden Rechtsstreit keine Rückstellung gebildet worden ist, obwohl nach seinen Feststellungen eine Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB geboten ist.

Nachdem der Abschlussprüfer dem Geschäftsführer der GmbH diese Feststellung mitgeteilt hat, entscheidet der Geschäftsführer, den Jahresabschluss zu ändern und eine Rückstellung für den Rechtsstreit (sowie die gebotenen Folgeänderungen, z. B. Steuerrückstellung, Tantiemeaufwand) in den Jahresabschluss aufzunehmen. Da der endgültige geprüfte Jahresabschluss den festgestellten Fehler nicht mehr enthält, hat der Abschlussprüfer keine Auswirkungen auf den Bestätigungsvermerk zu berücksichtigen.

 

Rz. 13

§ 320 Abs. 2 Satz 2 HGB stellt die gesetzliche Grundlage dieser Korrektivfunktion des Abschlussprüfers dar, da hiermit dem Abschlussprüfer auch schon vor Aufstellung des Jahresabschlusses die Auskunftsrechte zugestanden werden (Rz 23).

[1] Vgl. IDW PS 400.52.

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