Rz. 12

Das erste sachlich begründete Wahlrecht bei der VollKons von TU besteht gem. § 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB dann, wenn erhebliche und andauernde Beschränkungen die Ausübung der Rechte des MU in Bezug auf das Vermögen oder die Geschäftsführung dieses Unt nachhaltig beeinträchtigen.

 

Rz. 13

Die Voraussetzungen für das VollKons-Wahlrecht in § 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB, die kumulativ zu erfüllen sind und jeweils restriktiv ausgelegt werden, lauten wie folgt:

  • Die Art der Beeinträchtigung muss in der Beschränkung der Ausübung der Rechte bzgl. des Vermögens oder der Geschäftstätigkeit liegen.
  • Das Ausmaß der Beeinträchtigung muss sich auf erhebliche Beschränkungen beziehen. Dabei muss die Beeinträchtigung die Beherrschungsmöglichkeit verhindern.
  • Die Beeinträchtigung muss nachhaltig und andauernd sein, d. h. über einen längeren Zeitraum bestehen.

Denkbar sind somit lediglich Anwendungen in Grenzbereichen, wenn es etwa um die Frage der Abgrenzung der andauernden Beeinträchtigung geht.

 

Rz. 14

Die Beschränkungen des MU in Bezug auf die Geschäftsführung oder das Vermögen des TU sind in erster Linie tatsächlicher Natur,[1] wie etwa die Eröffnung von Zwangsverwaltungs- oder Konkursverfahren und die Auswirkungen politischer Verhältnisse, wie Tätigkeitsverbote für Ausländer in Geschäftsorganen oder staatliche Produktionsbeschränkungen. Vorübergehende oder geringfügige Beschränkungen sowie die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung erfüllen nicht den Tatbestand einer tatsächlichen Beschränkung.[2]

Zur Einordnung des Kriegs in der Ukraine als Beschränkung des MU in Bezug auf die Geschäftsführung oder das Vermögen des TU vgl. Rz 24.

 

Rz. 15

Darüber hinaus kommen rechtliche/vertragliche Restriktionen wie Veto- oder Einstimmigkeitsklauseln in Unternehmensverträgen als Beschränkungen in Betracht.

 

Rz. 16

Beeinträchtigungen auf Basis gesellschaftsrechtlicher oder vertraglicher Vereinbarungen sowie gesetzlicher Vorschriften sind dabei ebenfalls nur relevant, sofern diese tatsächlich die Ausübung des beherrschenden Einflusses verhindern. Geschieht dies nicht, hat eine Kons. zu erfolgen. Eine freiwillige nicht-Ausübung entsprechender Beeinträchtigungen qualifiziert nicht für die Inanspruchnahme des Wahlrechts.[3]

 

Rz. 17

Beschränkungen in der Rechtsausübung können sich sowohl auf die Geschäftsführung des TU als auch auf das Vermögen beziehen. Eine Ausgestaltung der nach Abs. 1 Nr. 1 kumulativ zu erfüllenden Kriterien durch den Gesetzgeber ist dabei unterblieben. Die Literatur hat den auslegungsbedürftigen Tatbestand inhaltlich konkretisiert.

 

Rz. 18

Vermögensbeschränkungen i. S. d. § 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB müssen sich auf das gesamte Vermögen, mindestens aber auf dessen wesentliche Teile erstrecken. Werden nur einzelne VG tangiert, sind die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Konsolidierungswahlrechts nicht erfüllt.[4]

 

Rz. 19

Beschränkungen in der Geschäftsführung erfüllen die Wahlrechtsvoraussetzungen, wenn Pläne und Maßnahmen des MU nachhaltig verhindert werden. Die generelle Gültigkeit von Beeinträchtigungen – etwa für eine Branche – steht dem Wahlrecht des § 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB ausschließend entgegen, sofern es sich nicht um ausländische TU handelt. Sind die Beschränkungen erheblich und andauernd und ist das Kriterium der Nachhaltigkeit erfüllt, kann für die Auslandstochter das Recht zur Anwendung des Wahlrechts bestehen. Dies ist etwa denkbar, wenn gesetzliche Bestimmungen der Ausübung des Vorstands- oder Aufsichtsratsmandats entgegenstehen.[5]

 

Rz. 20

In Bezug auf die VollKons von TU besteht gem. § 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB dann ein Wahlrecht, wenn erhebliche und andauernde Beschränkungen die Ausübung der Rechte des MU nachhaltig beeinträchtigen. Ob sich die Beeinträchtigung auf das Vermögen oder die Geschäftsführung dieses Unt bezieht, ist unerheblich.

 

Rz. 21

Erheblich ist dabei i. S. v. "wesentlich" zu interpretieren, d. h., es müssen auch Beschränkungen bei wesentlichen Sachverhalten vorliegen, sodass das TU nicht mehr entsprechend der Konzernpolitik geführt werden kann.[6]

 

Rz. 22

Eine Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit kann dann angenommen werden, wenn die Beschränkungen während des Gj bis zur Abschlusserstellung bestanden haben (vergangenheitsorientierte Betrachtung) und voraussichtlich nicht mit ihrer Aufhebung zu rechnen ist (zukunftsorientierte Betrachtung), d. h. unter Berücksichtigung bestehender Tatsachen mit einer Aufhebung in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.

 

Rz. 23

Hinsichtlich der Reichweite der Begriffe "erheblich", "dauerhaft" sowie "nachhaltig" stellt sich die Frage, ob das Einbeziehungswahlrecht überhaupt systemkonform ist oder ob nicht vielmehr ein Einbeziehungsverbot konsequent wäre, damit im Konzernabschluss nicht VG und Schulden ausgewiesen werden, über die das MU tatsächlich nicht verfügen kann. Informatorisch kann der Einbezug eines Unt, bei dem das MU direkt oder indirekt nicht über die Beherrschungsmöglichkeit verfügt, nicht überzeugen (dazu detailliert Rz 5). Daher führt ein solcher Sachverhalt nach den IFRS auch zu ...

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