Rz. 7

Die allgemeine Verordnungsermächtigung des § 330 Abs. 1 HGB hat den Erlass geschäftszweigspezifischer Formblätter oder anderer Vorschriften zur Gliederung des Jahresabschlusses oder Konzernabschlusses, Anpassung des Inhalts des Anhangs oder des Konzernanhangs sowie des Lageberichts oder des Konzernlageberichts zum Inhalt. Ein qualitativer Unterschied zwischen Formblättern und anderen Vorschriften besteht nicht.[1]

 

Rz. 8

Abweichungen von Ansatz- oder Bewertungsvorschriften, den Vorgaben in Bezug auf die Abschlussprüfung und die Offenlegung sowie Sanktionen sind mit § 330 Abs. 1 HGB nicht zugelassen.[2]

 

Rz. 9

Voraussetzung für den Erlass einer Rechtsverordnung i. S. d. § 330 Abs. 1 HGB ist, dass der Geschäftszweig von den handelsrechtlichen Standards abweichende Regelungen/Gliederungen zwecks der Darstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bilds der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage auch tatsächlich erfordert.[3]

 
Praxis-Beispiel

Auszug (§ 12 Abs. 1) aus der Verordnung über die Rechnungslegung von Kreditinstituten v. 11.12.1998[4]:

Als Kassenbestand sind gesetzliche Zahlungsmittel einschl. der ausländischen Noten und Münzen sowie Postwertzeichen und Gerichtsgebührenmarken auszuweisen. Zu einem höheren Betrag als dem Nennwert erworbene Gedenkmünzen sowie Goldmünzen, auch wenn es sich um gesetzliche Zahlungsmittel handelt, und Barrengold sind im Posten "Sonstige Vermögensgegenstände" (Aktivposten Nr. 15) zu erfassen.

 

Rz. 10

Die Vorgaben etwaiger Formblätter oder anderer Vorschriften sollen den für große KapG bzw. KapCoGes gültigen Vorgaben gleichwertig sein (§ 330 Abs. 1 Satz 2 HGB). Daraus ergibt sich, dass der Informationsgehalt nicht verringert werden darf und mittels der Formblätter etc. keine Erleichterungen eingeführt werden dürfen.[5] Die Begrenzung einzelner Posten führt aber nicht automatisch zu einer Erleichterung, sofern an anderer Stelle eine geschäftszweigspezifische Untergliederung erfolgt.[6]

 
Praxis-Beispiel

So haben etwa Zahlungsinstitute nach § 3 Abs. 2 RechZahlV im Formblatt 1 neu jeweils gesondert auszuweisen:

  1. die verbrieften und unverbrieften Forderungen an verbundene Unternehmen zu den Posten "Forderungen an Kreditinstitute" (Aktivposten 2), "Forderungen an Kunden" (Aktivposten 3), "Forderungen an Institute i. S. d. § 1 Absatz 3 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes" (Aktivposten 4) und "Schuldverschreibungen und andere festverzinsliche Wertpapiere" (Aktivposten 5);
  2. die verbrieften und unverbrieften Forderungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, zu den Posten "Forderungen an Kreditinstitute" (Aktivposten 2), "Forderungen an Kunden" (Aktivposten 3), "Forderungen an Institute i. S. d. § 1 Absatz 3 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes" (Aktivposten 4) und "Schuldverschreibungen und andere festverzinsliche Wertpapiere" (Aktivposten 5);
  3. die verbrieften und unverbrieften Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen zu den Posten "Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten" (Passivposten 1), "Verbindlichkeiten gegenüber Kunden" (Passivposten 2), "Verbindlichkeiten gegenüber Instituten i. S. d. § 1 Absatz 3 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes" (Passivposten 3) und "Nachrangige Verbindlichkeiten" (Passivposten 8);
  4. die verbrieften und unverbrieften Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, zu den Posten "Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten" (Passivposten 1), "Verbindlichkeiten gegenüber Kunden" (Passivposten 2), "Verbindlichkeiten gegenüber Instituten i. S. d. § 1 Absatz 3 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes" (Passivposten 3) und "Nachrangige Verbindlichkeiten" (Passivposten 8).

Über das geltende Recht[7] hinausgehende Anforderungen sind ebenfalls unzulässig. Eine Ausnahme bilden Vorgaben, die auf Rechtsakten des Rats der EU beruhen (§ 330 Abs. 1 Satz 3 HGB). Unter Rechtsakte i. S. v. § 330 Abs. 1 Satz 3 HGB fallen insb. EU-Richtlinien. Darüber hinaus ist die Vorschrift nur bedingt von praktischer Bedeutung. Allerdings ist zu bedenken, dass die Vorschrift auch künftige Rechtsakte des Rats der EU umfasst und es so zu einer Verschiebung der praktischen Bedeutung kommen kann. Gegen diesen dynamischen Verweis in die Zukunft bestehen allerdings verfassungsrechtliche Bedenken.[8]

 

Rz. 11

Bei der Bündelung mehrerer Formblätter von Unt eines Konzerns als auch eines Unt mit mehreren Geschäftszweigen ist § 265 Abs. 4 HGB maßgebend, d. h., es sind die Posten nach Maßgabe eines Unt zu verwenden und um die Posten der anderen Formblatt-Unt zu erweitern.[9] Sofern Formblatt-Unt in Abschlüsse von Konzernen anderer Branchen einzubeziehen sind, gelten die Regelungen der §§ 300 Abs. 2 Satz 3, 308 Abs. 2 Satz 2 HGB sowie § 13 PublG. Für den umgekehrten Fall gelten die Vorschriften der §§ 340ff. oder 341 ff. HGB.[10]

 

Rz. 12

Derzeit bestehen aufgrund von § 330 HGB, § 16 Satz 1 Nr. 7 KHG sowie § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB XI folgende Formblatt-Verordnungen:

 
Verordnung über die Gliederung des Jahresabschlusses von Wo...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge