Leitsatz

1. Nutzt eine Arbeitnehmerin aufgrund eines von einem Dritten unentgeltlich eingeräumten Wohnungsrechts eine Wohnung, stellt der Nutzungsvorteil Arbeitslohn dar, wenn er sich als Ertrag der Arbeit erweist.

2. Anders als bei der Einräumung eines Erbbaurechts fließen in einem solchen Fall die Einnahmen nicht bereits mit der Bestellung, sondern erst laufend mit der Nutzung zu.

3. Die durch Rechtsverordnung nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV vorgesehenen Durchschnittswerte der SachbezV in der Fassung vor 1996 kamen nur für solche Sachbezüge in Betracht, für die sie nach Ermächtigungsgrundlage und Ziel der Regelung geschaffen waren. Hierzu zählte nicht der Vorteil, eine Wohnung mit außergewöhnlicher Ausstattung nutzen zu dürfen.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 EStG , § 19 Abs. 1 EStG , § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV , § 1 Abs. 1 und Abs. 5 SachBezV vor 1995

 

Sachverhalt

Die Klägerin war leitende Angestellte der A-OHG, an der B zu 50 % und seine Kinder beteiligt waren. B war ferner Mehrheitsgesellschafter einer GbR, an der gleichfalls seine Kinder beteiligt waren. Die GbR hatte der Klägerin vor Jahren ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) an einer ca. 180 qm großen luxuriösen Dachgeschoss-Wohnung in einem Gebäude eingeräumt, das im Übrigen von der OHG angemietet und für Geschäftszwecke genutzt wurde. Die Klägerin konnte die Wohnung kostenfrei nutzen. Nach den Feststellungen des FG hatte die Klägerin auch für die Kost nichts zu entrichten.

Die OHG setzte im Streitjahr 1990 für die der Klägerin gewährte Kost und Logis nur die amtlichen Sachbezugswerte i.H.v. (insgesamt) 6.480 DM an. Das FA war der Auffassung, die Sachbezugswerte könnten in diesem Fall nicht angesetzt werden; es müsse der ortsübliche Mietwert i.H.v. ca. 64.000 DM angesetzt werden.

Im Klageverfahren machte die Klägerin ergänzend geltend, das Wohnungsrecht sei ihr von der GbR geschenkt worden. Hilfsweise wurde vorgebracht, die Zuwendung des Wohnungsrechts sei im Jahr der Bestellung einmalig erfolgt; eine Erfassung von laufendem Arbeitslohn scheide aus.

Das FG gab der Klage teilweise statt.

 

Entscheidung

Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Die Nutzung des Wohnungsrechts stelle laufenden Arbeitslohn dar. Der Annahme von Arbeitslohn stehe nicht entgegen, dass die Zuwendung durch einen Dritten (GbR) erfolgt sei. Für die vorliegende Sachverhaltsgestaltung seien die Sachbezugswerte nicht bestimmt; ihre Anwendung verbiete sich von vornherein.

 

Hinweis

1. Die unentgeltliche Nutzung einer Wohnung kann auch dann Arbeitslohn darstellen, wenn das Wohnrecht nicht vom Arbeitgeber selbst, sondern von einem Dritten eingeräumt wird. Ob der Dritte tatsächlich Arbeitslohn erbringt, ist jeweils im konkreten Einzelfall festzustellen. Um Arbeitslohn bejahen zu können, bedarf es eines entsprechenden Veranlassungszusammenhangs zwischen der Zuwendung des Vorteils und der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (vgl. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.F. vor 2004).

Im Streitfall hatte das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt und erkannt, dass zwischen dem Wohnungsrecht, das von einer Grundbesitz-GbR eingeräumt worden war, und dem Dienstverhältnis (zwischen der Klägerin als Wohnrechtsempfängerin und der Betriebs-OHG) der erforderliche Veranlassungszusammenhang bestanden hatte. Das Bestehen einer anderen (außerhalb des Dienstverhältnisses stehenden) Rechtsbeziehung hatte das FG u.a. deshalb verneint, weil das Wohnungsrecht mit verschiedenen arbeitsrechtlichen Klauseln verknüpft war (u.a. Wettbewerbsverbot, Bindung der Klägerin an das Unternehmen bis zum Lebensende des Haupt- bzw. Mehrheitsgesellschafters).

2. Nutzt ein Arbeitnehmer eine Wohnung des Arbeitgebers unentgeltlich aufgrund eines ihm eingeräumten Wohnungsrechts (§ 1093 BGB), so ist der geldwerte Vorteil als laufender Arbeitslohn zu erfassen. Der jeweilige Vorteil fließt dem Arbeitnehmer in Höhe der ersparten (monatlichen) Miete zu. Es handelt sich um die "sukzessive Erfüllung eines auf dem Arbeitsverhältnis beruhenden gegenseitigen Nutzungsüberlassungsvertrags". Gleiches gilt bei der Einräumung eines Nießbrauchs.

Im Streitfall meinte die Klägerin u.a., der Vorteil sei in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Erbbaurecht als Einmalbetrag (im Zeitpunkt der Einräumung) zu besteuern (hier offenbar in verjährter Zeit). Dies trifft indessen nicht zu. Insbesondere im Hinblick darauf, dass ein Erbbauberechtigter sein Recht auch durch Veräußerung realisieren kann, wird insoweit ein Zufluss des sich ergebenden Vorteils bereits im Jahr der Bestellung des Erbbaurechts in Höhe des kapitalisierten Werts angenommen. Aufgrund der rechtlichen Unterschiede kann ein – auch dinglich eingeräumtes – Wohnungsrecht damit nicht verglichen werden.

3. Zu Leitsatz 3: Der BFH hat im Streitfall eine Bewertung des geldwerten Vorteils nach der SachbezV a.F. (vor 1995) abgelehnt.

Die hier maßgebliche Streitfrage war deshalb aufgetreten, weil nach § 1 Abs. 1 SachBezV a.F. bei freier Kost und Wohnung der amtliche Sachbezugswe...

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