Leitsatz

Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einer Übertragung von nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG n.F. begünstigtem Vermögen grundsätzlich als Entgelt (bzw. im Ausnahmefall als Unterhaltsleistung) anzusehen sind (so die Auffassung im BMF-Schreiben vom 11.03.2010, BStBl I 2010, 227 Tz 57 und 65) oder gleichwohl als nicht begünstigte (d.h. nicht zum Sonderausgabenabzug berechtigende), aber dem Grunde nach unentgeltliche "Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen" gelten können.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG n.F., § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F.

 

Sachverhalt

Die Klägerin vermietet ein Mehrfamilienhaus. An ihren Vater, der ihr das Haus übertragen hatte, zahlt sie vereinbarungsgemäß und lebenslang aus den Mieterträgen (dinglich gesichert) 2.500 EUR pro Monat. Hinsichtlich der AfA ging die Klägerin von einer unentgeltlichen Rechtsnachfolge aus. Gleichwohl machte sie die Zahlungen an ihren Vater in voller Höhe als Werbungskosten geltend. Das FA behandelte die Zahlungen als Leibrente und berücksichtigte sie lediglich mit dem Ertragsanteil (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG). Das FG (FG Bremen, Urteil vom 25.10.2018, 1 K 165/17 (3), Haufe-Index 12954993) hat die Klage abgewiesen. Die Leistungen der Klägerin seien nicht durch die Vermietung und Verpachtung veranlasst, denn sie habe das Grundstück unentgeltlich erhalten. Es handele sich um nicht abziehbare Unterhaltszahlungen (§ 12 Nr. 2 EStG). Eine Verböserung sei allerdings ausgeschlossen.

 

Entscheidung

Der BFH hat das BMF zum Beitritt aufgefordert und um Stellungnahme gebeten, nach welchen Maßstäben die Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit im Streitfall zu beurteilen ist.

 

Hinweis

1. Welche Rechtsfolgen ergeben sich bei der Übertragung von nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigtem Vermögen gegen wiederkehrende Leistungen für den Übernehmer? Unstreitig kommt ein Sonderausgabenabzug nicht in Betracht. Dies hat der Gesetzgeber im JStG 2008 ausgeschlossen und das Rechtsinstitut der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen insofern auf seinen betrieblichen Kernbereich zurückgeführt.

2. Streitig ist, ob der Übernehmer aus dem übernommenen Vermögen (hier: vermietetes Mehrfamilienhaus) an den Übergeber zu erbringende wiederkehrende Geldleistungen a) in voller Höhe (so die Klägerin), b) teilweise (hier: als Leibrente mit dem Ertragsanteil, so das FA) oder c) gar nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen kann (so das FG).

3. Bisher ungeklärt und umstritten ist, nach welchen Maßstäben die Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit zu beurteilen ist, wenn nicht begünstigtes Vermögen gegen Versorgungsleistungen übertragen wird:

a) Die Finanzverwaltung bejaht die Unentgeltlichkeit im Anwendungsbereich von § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG. Wird dagegen nicht begünstigtes Vermögen übertragen, geht sie grundsätzlich von der Entgeltlichkeit aus (s. Leitsatz). Nach allgemeinen Grundsätzen führe jede (Gegen-)Leistung im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung zur Entgeltlichkeit. Ausnahmen bedürfen nach diesem Verständnis einer gesetzlichen Regelung (vgl. Kulosa, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz. 267).

b) Auch die Gegenauffassung beurteilt die Frage nach allgemeinen Grundsätzen, kommt aber zu anderen Ergebnissen. Bei einer Vermögensübertragung zwischen nahen Angehörigen ist danach grundsätzlich von einem unentgeltlichen Vorgang auszugehen, insbesondere wenn der Vertrag dem Typus einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen entspricht, bei der sich der Übertragende einen Teil der aus dem übergebenden Vermögen erwirtschafteten Erträge bei wirtschaftlicher Betrachtung vorbehält. Nach dieser Auffassung sperrt § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG nicht die (vorrangige) Annahme einer unentgeltlichen Übertragung von Vermögen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 28.4.2020 – IX R 11/19

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