Der Pauschbetrag dient der Verwaltungsvereinfachung und wird ohne Rücksicht auf die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt. Er soll dem Steuerpflichtigen das kleinliche Sammeln von Belegen und dem Finanzamt deren Nachprüfung ersparen. Stattdessen kann der Mensch mit Behinderung aber auch sämtliche Mehraufwendungen, die ihm aufgrund seiner Behinderung entstehen, unter dem Gesichtspunkt der Krankheitskosten als allgemeine außergewöhnliche Belastung i. S. v. § 33 EStG geltend machen. Die Aufwendungen sind dann im Einzelnen nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Sie mindern sich allerdings um die zumutbare Belastung.[1] Ferner sind gegenzurechnen die Kostenersparnisse aufgrund von Erstattungen vonseiten Dritter, z. B. erhaltene Leistungen einer Krankenversicherung oder Krankheitsbeihilfen des Arbeitgebers.[2]

Steuerpflichtige Menschen mit Behinderung können daher in jedem Veranlagungszeitraum für die unmittelbar infolge der ­Behinderung entstandenen Aufwendungen, d. h. innerhalb der Abgeltungswirkung des Pauschbetrags, zwischen dem Abzug des Pauschbetrags oder der Geltendmachung der infolge der Behinderung entstandenen Aufwendungen als allgemeine außergewöhnliche Belastung im Rahmen des § 33 EStG wählen.[3] Das Wahlrecht gilt auch für den erhöhten Pauschbetrag wegen Hilflosigkeit oder Blindheit von 7.400 EUR.

 
Wichtig

Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen nur in bestimmten Fällen vorteilhaft

Die Geltendmachung der vom Pauschbetrag erfassten Aufwendungen als allgemeine außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG ist nur vorteilhaft, wenn die einzeln nachgewiesenen Aufwendungen nach Abzug etwaiger Erstattungen und der zumutbaren Belastung den Behinderten-Pauschbetrag übersteigen und sich dadurch ein höherer abziehbarer Betrag ergibt. Entsprechendes gilt für die Aufwendungen für ein Kind mit Behinderung nach Übertragung des Pauschbetrags auf die Eltern.

Das Wahlrecht kann im jeweiligen VZ für alle mit dem Pauschbetrag abgegoltenen Aufwendungen nur einheitlich ausgeübt werden.[4] Ein teilweiser Verzicht ist nicht möglich. Es ist daher nicht zulässig, z. B. die Pflegekosten nach § 33 EStG und für den erhöhten Wäschebedarf den Pauschbetrag zu beanspruchen. Das Wahlrecht kann in jedem VZ erneut ausgeübt werden.

 
Wichtig

Zumutbare Belastung bei Krankheitskosten: Keine vorläufigen Veranlagungen mehr

Der nach Familienstand und Kinderzahl gestaffelte Ansatz einer zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG ist nach der Rechtsprechung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, solange dem Steuerpflichtigen ein verfügbares Einkommen verbleibt, das über dem geltenden Regelsatz für das Existenzminimum liegt.[5] Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken wurden Veranlagungen hinsichtlich des Abzugs einer zumutbaren Belastung bei Aufwendungen für Krankheit oder Pflege jedoch nur vorläufig durchgeführt.[6] Nachdem das BVerfG die Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile VI R 32/13[7] und VIII R 52/13[8] nicht angenommen hatte[9], hat sich die Problematik für die Praxis allerdings erledigt. Anhängige Einsprüche sollten daher jetzt zurückgenommen werden.[10]

Die Berücksichtigung als allgemeine außergewöhnliche Belastung setzt einen Antrag voraus. Liegen die Voraussetzungen für den Pauschbetrag vor, ist dieser jedenfalls als Mindestbetrag zu gewähren, falls die nach § 33 EStG zu berücksichtigenden Aufwendungen nach Kürzung um die zumutbare Belastung den Pauschbetrag nicht übersteigen. Da mit höheren Einkünften auch die anzurechnende zumutbare Belastung ansteigt, wirkt sich der Behinderten-Pauschbetrag bei hohen Einkommen eher vorteilhaft aus als bei niedrigeren Einkommen.

 
Praxis-Beispiel

Pauschbetrag oder Abzug der tatsächlichen Aufwendungen

Bei einem GdB von 90 beträgt der Pauschbetrag 2.640 EUR. Die zumutbare Belastung soll 5 % des Gesamtbetrags der Einkünfte von 15.000 EUR = 750 EUR betragen (Ledige). Nur wenn die unmittelbar behinderungsbedingten Aufwendungen höher sind als 3.210 EUR (2.460 EUR + 750 EUR), wirkt sich der Abzug als außergewöhnliche Belastung günstiger als der Behinderten-Pauschbetrag aus.

Bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 50.000 EUR beträgt die zumutbare Belastung (Ledige) 2.847 EUR (Berechnung der zumutbaren Belastung: Gesamtbetrag der Einkünfte bis 15.340 EUR 5 % = 767 EUR; Differenz 15.340 EUR bis 50.000 EUR = 34.660 EUR × 6 % = 2.080 EUR; 767 EUR + 2.080 EUR = 2.847 EUR). Der Abzug als außergewöhnliche Belastung ist erst bei höheren Kosten als 5.307 EUR (2.460 EUR + 2.847 EUR) günstiger.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge