RPA-Lösungen sind vergleichsweise einfach zu implementieren, da sie als minimalinvasive Applikationen auf den gleichen Systeminfrastrukturen und Oberflächen operieren wie menschliche Anwender. Indem sie menschliche Tätigkeiten nachahmen, besteht kein großer technischer Aufwand, weil sie die bestehenden Anwendungen nutzen und sogar zwischen verschiedenen Systemen hin und her wechseln können. Diese Flexibilität ermöglicht wiederum eine große Zahl von Anwendungsfällen, sowohl im Controlling als auch im Accounting.

Während bspw. im Controlling häufig die Erstellung von Reports durch Roboter ausgeführt wird, ist ein RPA-Musterprozess im Accounting die Buchung von Geschäftsvorfällen. Nach einer entsprechenden Programmierung sind die Bots, d. h. Software zur automatischen Bearbeitung von Routinen, in der Lage, automatisch E-Mail-Anhänge mit Rechnungen zu öffnen, den Inhalt der Rechnungen auszulesen und nach einer Prüfung auf Vollständigkeit und Richtigkeit einem Buchungsvorgang zuzuordnen. Sollte es bei der Rechnungsprüfung zu Diskrepanzen kommen, versendet der Roboter automatisch eine entsprechende Benachrichtigung an den Verantwortlichen. Treten bei der Prüfung keine Probleme auf oder sind diese geklärt worden, bucht der Bot den Geschäftsvorfall im System und archiviert die Belege. Mit diesem letzten Schritt ist der gesamte Buchungsvorgang abgeschlossen. Dieser Anwendungsfall zeigt, dass bei hoch standardisierten Vorgängen eine nahezu hundertprozentig automatisierte Ausführung durch einen Roboter erfolgen kann

 
Hinweis

Rechtskonformität durch umfangreiche Tests und klare Governance sicherstellen

An dieser Stelle ist in der Praxis häufig auch die Frage zu diskutieren, wie die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien (z. B. GoB-konformes Buchen) bei der Ausführung durch Roboter sichergestellt werden kann. Neben einer umfänglichen Testphase zur Eliminierung von Fehlern, werden eine klare Governance (Scope der Roboter-Tätigkeiten, Verantwortlichkeiten, Audits) und die Anpassung des internen Kontrollsystems notwendig.

Stellt man sich vor, wie viele solcher Buchungsvorgänge pro Tag bei großen mittelständischen Unternehmen oder globalen Konzernen anfallen, so erschließt sich das Potenzial und der immense Nutzen, den eine solche automatisierte Lösung mit sich bringt.

Aber auch komplexere Anwendungsfälle bestehen bereits für den Einsatz von Robotics im Accounting. So lassen sich z. B. die Abschlusstätigkeiten zum Periodenende größtenteils durch RPA-Lösungen automatisieren. Zu Beginn werden durch die programmierten Bots die Abschlussaktivitäten angestoßen und eine Prüfung zur Durchführbarkeit des Abschlusses initiiert. Anschließend erfolgt der automatische Ausgleich aller relevanten Konten und die Abfrage noch ausstehender relevanter Daten. Nachdem die Daten eingeholt und ins System eingespielt worden sind, kann der Roboter mit der Buchung der Abschlussroutinen beginnen. Zuletzt erstellt der RPA-Bot automatisch die Periodenabschlussdokumente (z. B. Bilanz, Anlagenspiegel etc.), womit der Periodenabschluss finalisiert ist. Aufgrund der bestehenden Automatisierungsmöglichkeiten und des zeitlich unbeschränkten Einsatzes von Robotern im Abschlussprozess kann die "heiße Phase" zu Ende einer Periode durch den Einsatz von Robotern deutlich entschärft werden.

Abb. 4: Anwendungsfall von RPA im Abschlussprozess[1]

Abb. 5: Anwendungsfall von RPA im Abschlussprozess[2]

Die beiden gewählten Praxisbeispiele verdeutlichen eindrucksvoll, wie RPA-Lösungen bei einem vergleichsweise geringen Aufwand einen erheblichen Nutzen generieren. Dabei können sie vor allem die manuelle und zeitintensive Arbeit in produktiven Tätigkeiten im Accounting ausführen, die ansonsten sehr große Teile der Personalressourcen bindet. Gleichzeitig werden auch Zeitvorteile generiert, indem auf der einen Seite die Ausführung der Prozesse durch eine Maschine schneller erfolgt und auf der anderen Seite ein Roboter auch nicht an festgelegte Arbeitszeiten gebunden ist. So ergeben sich neben den Effizienzvorteilen vor allem auch Vorteile bei Tätigkeiten, die an zeitliche Fristen gebunden sind.

Interdependenzen zu Geschäftspartnern durch effizientere Prozessabläufe sind hierbei noch gar nicht berücksichtigt. So können die Bearbeitungszeiten gegenüber Lieferanten und Kunden verbessert und die Abläufe gezielter gesteuert werden, bspw. im Hinblick auf das Liquiditätsmanagement. Aber auch Steuerberater und Abschlussprüfer können auf Basis einer standardisierten Datenverarbeitung und automatisierter Routinen Prüf- und Verarbeitungsabläufe so gestalten, dass diese selbst ein hohes Maß an Automatisierung aufweisen und sich Effizienzvorteile realisieren lassen. Zudem bietet dieses Vorgehen die Chance, mittels transparenterer Beleg- bzw. Transaktionsflüsse in Unternehmen Rückschlüsse auf eine Optimierung der Aufbau- und Ablauforganisation zu ziehen.

[1] Quelle: Horváth & Partners.
[2] Quelle: Horváth & Partners.

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