Die Entscheidung, ob eine außergewöhnliche Belastung anzuerkennen ist, ist eine Rechts- und keine Billigkeits- oder Ermessensentscheidung. Auf die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen ­besteht daher ein Rechtsanspruch. Die Begriffe "Außergewöhnlichkeit", "Belastung", "Zwangsläufigkeit", "Notwendigkeit", "Angemessenheit", "sittliche Gründe" usw. sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die durch die Rechtsprechung definiert und konturiert sind und daher im Klageverfahren vom FG/BFH uneingeschränkt überprüft werden.

 
Praxis-Beispiel

In-vitro-Fertilisation

Ein Ehepaar will sich im Wege der künstlichen Befruchtung den Kinderwunsch erfüllen (In-vitro-Fertilisation), und zwar durch Verwendung von Spendersamen, da das Sperma des Ehemanns selbst nach ärztlicher Behandlung nicht geeignet ist (sog. heterologe künstliche Befruchtung). Das Ehepaar kann den Abzug der Aufwendungen des ärztlichen Eingriffs als außergewöhnliche Belastung beanspruchen[1] und im Klageweg durchsetzen.[2] Ein einzelnes Finanzamt darf hiervon nicht deshalb abweichen, weil nach seinem eigenen "Ermessen" die Zwangsläufigkeit aus ethischen Gründen zu verneinen sei. Denn die Entscheidung, ob Zwangsläufigkeit der Aufwendungen gegeben ist, ist eine Rechts-, keine Ermessens- und schon gar nicht eine Billigkeitsentscheidung.

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