Für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit von Zivilprozesskosten wurde bisher darauf abgestellt, ob der Vorgang, durch den der Rechtsstreit letztlich veranlasst worden ist, für den Steuerpflichtigen zwangsläufig war, er mithin dem Prozess aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung oder einer tatsächlichen Zwangslage nach den Gegebenheiten des Einzelfalls nicht ausweichen konnte.[1] Davon ausgehend sprach eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit, unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige Kläger oder Beklagter ist.[2] An diesen Einschränkungen hielt der BFH vorübergehend nicht mehr fest.[3] Danach sollte es nicht mehr darauf ankommen, ob der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt.

Diese Rechtsprechungsänderung wurde vom Gesetzgeber durch Einfügung des Satzes 4 in § 33 Abs. 2 EStG (Prozesskostenabzugsverbot) korrigiert.[4] Danach sind Prozesskosten vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Die Chancen auf einen erfolgreichen Ausgang des Rechtsstreits dürfen allerdings i. d. R. nicht nur gering sein. Trotz unsicherer Erfolgsaussichten kann jedoch der Stpfl. im Einzelfall gezwungen sein, einen Prozess zu führen, z. B. wenn das Gerichtsverfahren der einzige Weg ist, das Klageziel zu erreichen.[5] In diesen Fällen können Prozesskosten auch bei größerer Unsicherheit über den Prozessausgang als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sein. Im Schrifttum wird diskutiert, ob "Existenzgrundlage" nur in einem materiellen oder auch in einem immateriellen Sinn zu verstehen ist.[6] In dem Urteil zum Abzug der Scheidungskosten hat sich der BFH für die Auslegung als materielle Lebensgrundlage entschieden.[7] Die verfassungskonforme Auslegung dürfte es allerdings gebieten, in Fällen, in denen der Kernbereich menschlichen Lebens betroffen ist, auch unter der Neuregelung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG weiterhin den Abzug der Prozesskosten anzuerkennen, z. B. im Familienrechtstreit über das Umgangsrecht eines Vaters mit dem gemeinsamen Kind.[8]

Wegen der steuerlichen Behandlung von Ehescheidungskosten s. "Ehescheidung".

Die Kosten eines Finanzgerichts- oder Verwaltungsgerichtsprozesses erwachsen regelmäßig nicht zwangsläufig. Die Aufwendungen können ausnahmsweise berücksichtigt werden, wenn der Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich berührt. Die Kosten eines Prozesses um einen Studienplatz für das Kind wurden als nicht abziehbar angesehen[9]; ebenso wenig sind absetzbar die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur Erlangung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts eines ausländischen Lebenspartners.[10]

Das Prozesskostenabzugsverbot gilt auch für das Strafverfahren. Die Kosten eines Strafverfahrens wurden bisher, d. h. vor Einfügung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in 2013, als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn das Verfahren nicht zu einer Verurteilung oder einer Einstellung nach § 153a Abs. 2 StPO führt.[11] Anders bei einer Verurteilung, da die dann festgestellte und auch begangene Straftat nicht unausweichlich war.[12]

Das Abzugsverbot gilt auch bei Übernahme der Prozesskosten für einen Dritten (z. B. einen Angehörigen).[13]

Ist der strafrechtliche Vorwurf durch das berufliche Verhalten veranlasst, liegen der Höhe nach nicht begrenzte Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten vor.[14]

Ein ausschließlicher und unmittelbarer Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit fehlt, wenn die vorgeworfenen Handlungen nicht zu den beruflichen Pflichten des Beschuldigten gehören[15] bzw. wenn die berufliche Tätigkeit nur die Gelegenheit zur Begehung der Straftat verschafft.[16]

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