Rz. 210

Das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40, § 3c II EStG) bzw. die 95 %-Freistellung (§ 8b KStG) versuchen, eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Körperschaft und Gesellschafter zu vermeiden, indem die Körperschaft nur[1] Körperschaftsteuer mit SolZ und Gewerbesteuer zahlt und beim Gesellschafter eine 40- bzw. 95 %ige Befreiung von Dividendenerträgen und Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Körperschaften erfolgt. Es sind im Wesentlichen 2 Gruppen von Gesellschaftern mit Anteilen an Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen (natürliche Personen und Körperschaften) und 2 Arten von Ergebnissen (Dividende und Veräußerungsgewinne/-verluste) zu unterscheiden. Schließlich sind die laufenden Betriebsausgaben im Zusammenhang mit Anteilen an Körperschaften zu betrachten. Um Missbrauch zu verhindern, wird die Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen aus einer Einbringung unter dem Teilwert in den ersten 7 Jahren nach der Einbringung von der Anwendung der 40- bzw. 95 %igen Freistellung ausgeschlossen.

[1] Die Steuerbelastung der Kapitalgesellschaft hängt stark vom Gewerbesteuerhebesatz ab. In einer Gewerbesteueroase (Hebesatz 200 %) ergibt sich eine Belastung aus KSt/SolZ und GewSt i. H. v. 22,825 %. Beträgt der Hebsatz 500 %, ergibt sich eine Belastung i. H. v. 33,325 %.

4.2.1 Anwendungsbereich: Anteile an Kapitalgesellschaften

 

Rz. 211

Die 40- bzw. 95 %ige Freistellung unterscheidet nicht zwischen Beteiligungen und Portefeuilleanteilen/Streubesitz. Das geltende Recht sieht keine Mindestbeteiligung für die Anwendung von § 3 Nr. 40 EStG/§ 8b KStG vor.

 

Rz. 212

Das JStG 2013 wird dies wahrscheinlich ändern.[1] Nach § 8b Abs. 4 KStG i. d. F. d. JStG 2013 wird die 95 %-Freistellung nur noch gewährt, wenn zum Beginn des Veranlagungszeitraums eine unmittelbare Beteiligung i. H. v. 10 % vorliegt. Dividenden und Veräußerungsgewinn aus Streubesitz unterliegen dann in voller Höhe der Besteuerung. Betriebsausgaben können in voller Höhe zum Abzug gebracht werden. Durch diese Änderung soll eine Gleichbehandlung zwischen inländischen und EU/EWR-Gesellschaftern geschaffen werden.[2]

 

Rz. 213

Es wird nicht zwischen Anteilen an inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften differenziert.[3] Die Freistellung ist unabhängig von einem Aktivitätserfordernis.[4] Grundsätzlich setzen § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG keine bestimmte steuerliche Vorbelastung der ausgeschütteten Gewinne voraus.[5]

 

Rz. 214

Nicht in den Genuss der 40- bzw. 95 %igen Freistellung kommen "Finanzunternehmen", die Anteile an Kapitalgesellschaften halten (§ 8b Abs. 7 und 8 KStG, § 3 Nr. 40 Satz 3 EStG). Dies wird von der Finanzverwaltung weit ausgelegt, sodass "Holdingunternehmen" und "vermögensverwaltende Kapitalgesellschaften" die Freistellung nicht in Anspruch nehmen dürfen.[6] Auch der BFH versagt die Freistellung, wenn die Anteile von einer Holdinggesellschaft im "Umlaufvermögen" gehalten werden.[7]

[1] Vgl. BR-Drucks. 302/1/12 v. 22.6.2012, abrufbar unter: www.bundesrat.de/cln_116/nn_8336/SharedDocs/Drucksachen/2012/0301-400/302-1-12,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/302-1-12.pdf.
[2] Die Ursache hierfür ist die Entscheidung des EuGH, Urteil v. 20.10.2011, Az. C-284/09.
[3] § 8b Abs. 5 KStG ist m. W. vom VZ 2004 an geändert worden.
[4] Die Regelung zu den einbringungsgeborenen Anteilen ist eine Missbrauchsverhinderungsvorschrift und sieht eine siebenjährige Sperrfrist vor.
[5] Tatsächlich ergibt sich in vielen Fällen eine steuerliche Vorbelastung aufgrund der Regelungen der Hinzurechnungsbesteuerung, §§ 7ff. AStG.
[6] BMF, Schreiben v. 25. 7. 2002, IV A 2 – S 2750 a – 6/02, DStR 2002 S. 1148.

4.2.2 Differenzierung nach der Person des Gesellschafters

 

Rz. 215

Körperschaftsteuerrecht und Einkommensteuerrecht müssen die Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Gesellschafter und Gesellschaft auf unterschiedliche Weise leisten. Der wirtschaftliche Erfolg der Körperschaft soll einmal auf der Ebene der Gesellschaft mit KSt/SolZ und GewSt und ein 2. Mal, dann aber nur zum Teil (40 %-Freistellung) auf der Ebene der natürlichen Person mit Einkommensteuer besteuert werden. Die Dividende unterliegt nicht der Gewerbesteuer, wenn zum Beginn des Erhebungszeitraums eine Beteiligung i. H. v. 15 % besteht, § 8 Nr. 5, § 9 Nr. 2a GewStG.

 

Rz. 216

Ist eine Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt, muss es zwischen den Gesellschaften zu einer Freistellung kommen, damit es nicht zu einer mehrfachen Belastung mit Körperschaftsteuer kommt. Ohne eine Freistellung zwischen den Kapitalgesellschaften würde sich die Belastung im Kapitalgesellschaftskonzern mit Körperschaftsteuer kumulieren. § 8b KStG sieht daher eine 95 % Freistellung vor. Im mehrstufigen Konzern kommt es also auf jeder Ebene zu einer "geringen" Belastung mit KSt/SolZ und GewSt.

 

Rz. 217

vorläufig frei

 

Rz. 218

Es ist also immer zu unterscheiden, ob der Gesellschafter eine natürliche Person oder eine Körperschaf...

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