Die 183-Tage-Frist bezieht sich auf das im jeweiligen ausländischen Staat maßgebende Steuerjahr. Im Regelfall ist dies das Kalenderjahr. Einzelne DBA sehen jedoch andere Zeiträume als das Kalenderjahr als Steuerjahr vor, z. B. Indien vom 1.4. bis 31.3. oder Südafrika vom 1.3. bis 28./29.2. Eine abschließende Aufstellung der Staaten mit abweichendem Steuerjahr zum 1.1.2018 hat das BMF veröffentlicht.[1]

Daraus ergibt sich, dass die Gesamtdauer des Auslandsaufenthalts ohne Bedeutung ist. Maßgeblich ist allein die Dauer des Aufenthalts im jeweiligen Steuerjahr. So kann bspw. das Besteuerungsrecht für ein Jahr Deutschland, für das andere Jahr dem ausländischen Tätigkeitsstaat zustehen. Eine weitere Besonderheit gilt nach den Abkommen mit Großbritannien.[2] Hier ist die 183-Tage-Klausel nach einem (variablen) 12-Monatszeitraum zu prüfen, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet.[3] Weitere Beispiele sind Aus­tralien, Kanada, Luxemburg, Norwegen, Russland, Spanien und die Türkei. Eine Auflistung der in Betracht kommenden Staaten, für die ein variabler 12-Monatszeitraum im jeweiligen DBA festgelegt wurde, ist im Bundessteuerblatt veröffentlicht.[4] Die Berechnung der 183-Tage-Frist nach den Aufenthaltstagen innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten seit Beginn der Auslandstätigkeit bewirkt, dass gleichzeitig mehrere Zeiträume in Gang gesetzt werden können, auch wenn sich diese teilweise überschneiden. Wird in einem der in Betracht kommenden 12-Monatszeiträume die Aufenthaltsdauer von 183 Tagen überschritten, steht dem ausländischen Staat für die hierauf entfallenden Lohneinkünfte das Besteuerungsrecht zu.

 
Praxis-Beispiel

183-Tage-Frist bei Anwendung des 12-Monatszeitraums

Der in Deutschland wohnhafte Arbeitnehmer hat mit der inländischen X-AG einen Arbeitsvertrag. Er wurde vom 1.4.2022 bis 20.4.2022 für 20 Tage sowie vom 1.8.2022 bis 31.3.2023 für 90 Tage in Norwegen bei einem dortigen Tochterunternehmen zur Einrichtung neuer Softwaresysteme eingesetzt. Zum Abschluss des Projekts war die IT-Fachkraft nochmals vom 25.4.2023 bis 31.7.2023 insgesamt 98 Tage bei der norwegischen Tochterfirma. Der Lohnaufwand wird für das gesamte Beschäftigungsverhältnis ausschließlich vom inländischen Arbeitgeber getragen.

Das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn, der auf den Aprileinsatz im Jahr 2022 entfällt, steht Deutschland zu, da in keinem der in Betracht kommenden 12-Monatszeiträume die maximale Aufenthaltsdauer von 183 Tagen überschritten wird. Die für die ausländische Tätigkeit von 1.8.2022 bis 31.7.2023 bezogenen Lohneinkünfte unterliegen dagegen nicht der inländischen Besteuerung, da sich der IT-Arbeitnehmer in diesem 12-Monatszeitraum an insgesamt 188 (= 90 + 98) Tagen in Norwegen aufgehalten hat.

In die Berechnung der 183-Tage-Frist sind sämtliche Tage der Anwesenheit im Tätigkeitsstaat anzusetzen. Die Dauer der Arbeitstätigkeit ist insoweit nicht maßgebend.

Als Tage der Anwesenheit zählen auch:

  • der Ankunfts- und Abreisetag (Ausnahme: Bei Berufskraftfahrern bleiben Tage der Hin- und Rückreise außer Ansatz);
  • alle arbeitsfreien Tage unmittelbar vor, während und unmittelbar nach der Tätigkeit, z. B. Samstage, Sonntage, Feiertage;
  • die Tage der Arbeitsunterbrechungen im Tätigkeitsstaat, z. B. bei Streik, Aussperrung, Ausbleiben von Lieferungen, Krankheiten. Bei Krankheiten gilt die Besonderheit, dass die Tage nicht mitzählen, wenn die Abreise des Arbeitnehmers durch die Krankheit verhindert wurde und er sonst die Voraussetzungen für die Befreiung im Tätigkeitsstaat erfüllt hätte;
  • Urlaubstage, die unmittelbar vor, während und unmittelbar nach der Tätigkeit im Tätigkeitsstaat verbracht werden.[5] Ein unmittelbarer Zusammenhang, der zur Einbeziehung der Urlaubstage in die 183-Tage-Frist führt, ist auch dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer kurzfristig (3 Tage) nach Deutschland zurückkehrt, um dort seine Familie für den Anschluss­urlaub im Tätigkeitsstaat abzuholen.[6]
  • Tage einer kurzen Unterbrechung im Zusammenhang mit Reisen in den Heimatstaat oder in dritte Länder, soweit sie im Rahmen bestehender Arbeitsverhältnisse anfallen und unter Berücksichtigung der Umstände nicht als Beendigung des vorübergehenden Aufenthalts angesehen werden können.[7] Nicht einzubeziehen in die 183-Tage-Frist sind Wochenend-, Urlaubs- und Feiertage, wenn der Arbeitnehmer arbeitstäglich an seinen Wohnsitz zurückkehrt.[8]
 
Praxis-Beispiel

Einbeziehung von Urlaubstagen in die Berechnung der 183-Tage-Frist

Ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer wird für seinen inländischen Arbeitgeber in der Zeit vom 1.1. bis 15.6. in Südfrankreich tätig. Er schließt dort einen 3-wöchigen Jahresurlaub an, nachdem er seine Familie in Deutschland abgeholt hat.

Die 183-Tage-Frist ist überschritten, das Besteuerungsrecht steht dem Tätigkeitsstaat Frankreich zu.

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