OFD Koblenz, 3.3.2004, S 2351 A

Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EStG können behinderte Arbeitnehmer,

  • deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt oder
  • deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr beeinträchtigt sind,

anstelle der Entfernungspauschale die tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für Familienheimfahrten ansetzen.

Die dabei erforderliche Günstigerprüfung ist aufgrund einer neuen bundeseinheitlichen Abstimmung in Form einer Jahresbetrachtung vorzunehmen. In Fällen eines bereits zu Beginn des Veranlagungszeitraumes behinderten Menschen ist immer eine Jahresbetrachtung anzuwenden; der behinderte Mensch kann zwischen Entfernungspauschale und den tatsächlichen Kosten wählen.

Beispiel 1:

Der Arbeitnehmer A (GdB von 80 %) ist bei einem 30 Kilometer entfernten Arbeitgeber beschäftigt. Im Kalenderjahr 2003 hat er an 110 Tagen für den Weg zur Arbeit seinen Pkw genutzt und an 80 Tagen öffentliche Verkehrsmittel, wofür ihm 150 EUR an Kosten entstanden sind.

Entfernungspauschale für das Kalenderjahr:

190 Tage × 10 km × 0,36 EUR = 684 EUR
190 Tage × 20 km × 0,40 EUR = 1.520 EUR
Entfernungspauschale für das Jahr 2003 2.204 EUR

Tatsächliche Kosten für das Kalenderjahr:

Fahrten Pkw: 110 Tage × 30 km × 0,30 EUR × 2 = 1.980 EUR
Fahrten öffentliche Verkehrsmittel 150 EUR
Summe der tatsächlichen Kosten für das Jahr 2003 2.130 EUR

Anzusetzen ist die Entfernungspauschale von 2.204 EUR, da die für 2003 tatsächlich entstandenen Kosten geringer sind.

Beispiel 2:

Der Arbeitnehmer B (GdB von 70 %) fährt im Kalenderjahr 2003 an 120 Tagen mit eigenem Pkw von seiner Wohnung zur Arbeit. An weiteren 80 Tagen fährt er mit seinem eigenen Pkw zu einem 15 km entfernt liegenden Treffpunkt und wird von dort aus von einem Kollegen mitgenommen. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt 25 km.

Entfernungspauschale für das Kalenderjahr:

200 Tage × 10 km × 0,36 EUR = 720 EUR
200 Tage × 15 km × 0,40 EUR = 1.200 EUR
Entfernungspauschale für das Jahr 2003 1.920 EUR

Tatsächliche Kosten für das Kalenderjahr:

120 Tage × 25 km × 0,30 EUR × 2 = 1.800 EUR
80 Tage × 15 km × 0,30 EUR × 2 = 720 EUR
Summe der tatsächlichen Kosten für das Jahr 2003 2.520 EUR

Anzusetzen sind die tatsächlich entstandenen Kosten von 2.520 EUR, da die Entfernungspauschale für 2003 geringer ist.

Bei Eintritt der Behinderung im Laufe des Veranlagungszeitraumes kann ab diesem Zeitpunkt zwischen der Entfernungspauschale und den tatsächlichen Kosten gewählt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist lediglich die Entfernungspauschale anzusetzen. Erklärt der Steuerpflichtige in diesen Fällen auch Aufwendungen für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, ist eine maschinelle Ermittlung der Entfernungspauschale nicht möglich. Die Fahrtkosten sind personell zu ermitteln und unter Kennzahl 87/88.72 einzutragen.

Die Kurz-Info 005/03 vom 22.1.2003 ist hierdurch überholt und wird aufgehoben.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Nr. 4

EStG § 9 Abs. 2 Satz 3

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