Rz. 59

Sowohl das Handelsrecht als auch das Steuerrecht lassen es zu, dass nahezu alle Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden dürfen, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten

  1. „mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
  2. während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.”[1]

Die Finanzverwaltung hat in der Vergangenheit eigene Wünsche und Vorstellungen zum Einsatz computergestützter Buchführungssysteme und Vorgaben zur Aufbewahrung in Form von veröffentlichten Verwaltungsanweisungen formuliert. Bislang lagen hierzu vor:[2]

  • die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) von 1995[3]
  • die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) von 2001[4] sowie
  • ein Fragen- und Antwortenkatalog der Finanzverwaltung zum Datenzugriffsrecht.[5]
 

Rz. 60

Diese bisher getrennten Verlautbarungen hat die Finanzverwaltung mit Wirkung vom 1.1.2015 in einem BMF-Schreiben „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenträgerzugriff (GoBD)“ zusammengefasst.[6]

Obwohl eine Zusammenführung der unterschiedlichen Verwaltungsanweisungen sowie deren längst fällige Aktualisierung in einem einzigen BMF-Schreiben grundsätzlich begrüßt wurde, sparte die Fachliteratur nicht an Kritik. So wird die erste Verlautbarung GoBD beispielsweise als "praxisfernes Stückwerk" mit "fiskalisch zweckgerichteter Projektion auf die DV-gestützten Buchführungen der Steuerpflichtigen"[7] oder auch als "vergebene Chance"[8] bezeichnet.[9] Aufgrund dieser erheblichen Kritik aus Literatur und Praxis reagierte die Finanzverwaltung und veröffentlichte mit dem BMF-Schreiben vom 28.11.2019 eine aktualisierte Fassung der GoBD[10], die mit Wirkung vom 1.1.2020 das BMF-Schreibens vom 14.11.2014 ersetzte. Der bisherige Aufbau und die Randziffern wurden weitestgehend aus den GoBD 2014 übernommen und aktualisiert.[11] Zudem enthalten die GoBD 2019 lang erwartete Aussagen für Steuerpflichtige und deren steuerliche Berater. Im Folgenden wird auf die wesentlichen Inhalte des BMF-Schreibens eingegangen.

 

Rz. 61

In Rz. 5 und 6 des BMF-Schreibens werden Grundaussagen zur Aufbewahrung gemacht. Neben den außersteuerlichen und steuerlichen Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen zu Geschäftsvorfällen sind alle Unterlagen aufzubewahren, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind. Die Finanzverwaltung beruft sich hier auf das BFH-Urteil vom 24.6.2009.[12] Neben Unterlagen in Papierform sind auch alle Unterlagen in Form von Daten, Datensätzen und elektronischen Dokumenten, die dokumentieren, dass die Ordnungsvorschriften umgesetzt und deren Einhaltung überwacht wurde, aufzubewahren.

Nicht aufbewahrungspflichtig sind z. B. reine Entwürfe von Handels- oder Geschäftsbriefen, sofern diese nicht tatsächlich abgesandt wurden.

In Rz. 6 wird ausgeführt, dass der Steuerpflichtige dafür verantwortlich ist, die aufbewahrungspflichtigen Unterlagen zu bestimmen. Die Finanzverwaltung könne die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Unterlagen nicht abstrakt im Vorfeld für alle Unternehmen abschließend definieren, weil die betrieblichen Abläufe, die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Aufzeichnungen und Unterlagen sowie die eingesetzten Buchführungs- und Aufzeichnungssysteme in den Unternehmen zu unterschiedlich sind. Nachträglich sieht sich die Finanzverwaltung allerdings doch in der Lage festzustellen, dass der Steuerpflichtige Fehler bei der Qualifizierung von Daten gemacht hat. Offen bleibt, wie der Steuerpflichtige die fehlenden Daten bei mangelnder Archivierung nachliefern soll.[13]

Die in Rz. 5 beschriebenen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen können mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems (DV-System) erfasst, erzeugt, empfangen, übernommen, verarbeitet, gespeichert oder übermittelt werden.[14] Darin enthalten sind das Hauptsystem sowie Vor- und Nebensysteme (z. B. Finanzbuchführungssystem, Kassensystem, etc.) einschließlich der Schnittstellen zwischen den Systemen. Die Bezeichnung und die Größe des DV-Systems (z. B. Einsatz von Einzelgeräten oder Netzwerken) sind irrelevant, ebenfalls ist es nicht von Bedeutung, ob die betreffenden DV-Systeme vom Steuerpflichtigen als eigene Hardware bzw. Software erworben und genutzt oder in einer Cloud bzw. als eine Kombination dieser Systeme betrieben wird.

 

Rz. 62

In Abschn. 9 des BMF-Schreibens werden in den Rz. 113 bis 144 Aussagen zu den Anforderungen der IT-gestützten Aufbewahrung gemacht. Nachfolgend werden die wesentlichen Aspekte dargestellt.

 

Rz. 63

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