Leitsatz

Bei der Bemessung der verbilligten Überlassung einer Unterkunft, die als Sachbezug dem Arbeitsentgelt hinzuzurechnen ist, sind die amtlichen Werte der Sachbezugsverordnung in ihrer in den Jahren 1995 bis 1997 jeweils gültigen Fassung im Festsetzungsverfahren zwingend anzusetzen.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG 1995, § 8 Abs. 2 Sätze 6 und 7, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Landeskrankenhaus, stellte in den Jahren 1993 bis 1997 verschiedenen, der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegenden Arbeitnehmern in einem Schwesternwohnheim Unterkünfte zur Verfügung. Die Arbeitnehmer leisteten dafür in der im Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) zugrunde gelegten Höhe Zahlungen, die nach Meinung der Verfahrensbeteiligten der ortsüblichen Miete entsprachen.

Das FA stellte fest, dass die Zahlungen der Arbeitnehmer unter den ab dem Jahr 1995 in § 3 SachBezV festgesetzten Werten lagen. Das FA ermittelte die Differenzbeträge in der Weise, dass es von den Werten nach der SachBezV ausging, wegen der Lage der Unterkünfte auf dem Krankenhausgelände einen Abschlag von 12 % vornahm und zudem die in § 3 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der SachBezV vorgeschriebenen Abschläge berücksichtigte.

Mit Nachforderungsbescheid forderte das FA für die so ermittelten Differenzbeträge gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG pauschal LSt nach. Das FG wies die Klage ab (EFG 2005, 784).

 

Entscheidung

Das FG habe zu Recht entschieden, dass die Differenz zwischen den von den Arbeitnehmern des Klägers gezahlten Entgelten nach BAT und den höheren Werten der SachBezV lohnsteuerpflichtiger Bezug und die pauschale Nacherhebung von LSt durch das FA rechtmäßig sei.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ansatz der Werte der SachBezV bestünden nicht. Insbesondere verstieße der Ansatz der Sachbezugswerte nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Der – bei gesetzlich rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern – fehlende Vorbehalt der offensichtlich unzutreffenden Besteuerung benachteilige diese Arbeitnehmer nicht gleichwidrig.

Auch eine Verletzung der Eigentumsgarantie sei nicht ersichtlich.

Zu berücksichtigen sei zudem, dass Sachbezugswerte wegen der insofern verfassungsrechtlich gebotenen Maßgeblichkeit der tatsächlichen Werte nur auf im Wesentlichen vergleichbare Fälle Anwendung finden könnten (vgl. BFH, Urteil vom 19.8.2004, VI R 33/97, BFH-PR 2004, 472) und insoweit auch auf "Luxusfälle" nicht anwendbar seien; dies selbst dann, wenn es sich um der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegende Arbeitnehmer handle.

 

Hinweis

1. Für bestimmte Sachbezüge wie z.B. Unterkunft, die der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber (frei oder verbilligt) erhält, sind aufgrund § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV durch Rechtsverordnung (sog. SachBezV) Werte bestimmt worden. Diese amtlichen Sachbezugswerte sind auch im Steuerrecht maßgebend (§ 8 Abs. 2 Satz 6 EStG).

2. Bereits in seinem nicht amtlich veröffentlichten Beschluss vom 7.1.2004, VI B 108/02, BFH-PR 2004, 471 hatte der BFH ausführlich dargelegt, dass die amtlichen Sachbezugswerte für Besteuerungszwecke verbindlich zu übernehmen sind. Ein Abweichen im Festsetzungsverfahren ist nicht zulässig. Der Nachweis der Unrichtigkeit (nach oben und nach unten) ist nicht möglich. An dieser Rechtsprechung hält der BFH auch in der Besprechungsentscheidung fest.

Zu beachten ist indes, dass die Werte der SachBezV unter dem allgemeinen Verfassungsvorbehalt des Art. 3 GG stehen und deshalb nicht wirklichkeitsfern festgesetzt werden dürfen. Entscheidend ist auch, dass die Sachbezugswerte der Verwaltungsvereinfachung dienen und dem Gesetzgeber die Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung zusteht. Eventuelle Härten beim Ansatz der Sachbezugswerte sind hinzunehmen.

3. Ob im Einzelfall in einem gesonderten Billigkeitsverfahren Raum für eine abweichende Steuerfestsetzung bleibt, erscheint fraglich. Die Frage musste vom BFH in der Besprechungsentscheidung – da ein Festsetzungsverfahren vorlag – offengelassen werden.

4. Zahlreiche Einwendungen verfassungsrechtlicher Art veranlassten den BFH, sich hierzu im Streitfall detailliert zu äußern.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.8.2007, VI R 74/04

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