BMF, 2.6.2022, IV A 3 - S 0229/21/10002 :009

Aufgrund der Ermächtigung in § 93a Absatz 1 AO hat die Bundesregierung am 7. September 1993 die Mitteilungsverordnung erlassen (BGBl 1993 I Seite 1554). Diese Verordnung wurde zuletzt durch die Sechste Verordnung zur Änderung der Mitteilungsverordnung vom 25. Mai 2022 (BGBl 2022 I Seite 816) geändert.

Nach der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung der Mitteilungsverordnung (MV) ab sofort bis zum 31. Dezember 2024 Folgendes:

 

1. Zweck der Verordnung

1

Die MV, die ihre Ermächtigungsgrundlage in § 93a AO hat, regelt die Übermittlung von Mitteilungen von Behörden und anderen öffentlichen Stellen einschließlich den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an die Finanzbehörden ohne Ersuchen. Sie enthält genaue Anweisungen für die mitteilungspflichtigen Stellen, was zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang welchem Finanzamt bzw. der Finanzverwaltung mitzuteilen ist. Damit geht sie über § 93 AO hinaus, wonach – abgesehen von Sammelauskunftsersuchen nach § 93 Absatz 1a AO – Mitteilungen im konkreten Einzelfall nur auf Anfrage (Auskunftsersuchen) zu erteilen sind.

 

2. Mitteilungsverpflichtete (§ 1 MV)

2

§ 1 MV bestimmt, dass Behörden und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten den Finanzbehörden nach Maßgabe der MV ohne gesonderte Aufforderung Mitteilungen zu übermitteln haben.

 

2.1 Behörden

3

Zu den Behörden im Sinne der MV gehören alle öffentlichen Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen (§ 6 Absatz 1 AO). Demnach sind auch die sogenannten beliehenen Unternehmen mit eingeschlossen.

4

Kirchen sind nur in Ausnahmefällen als Behörden im Sinne des Verwaltungsrechts tätig (z. B. bei Ausübung ihres vom Staat verliehenen Besteuerungsrechts) und daher von der MV regelmäßig nicht betroffen.

 

2.2 Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten

5

Auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten unterliegen der Verpflichtung, unter den sie betreffenden Voraussetzungen der MV Mitteilungen an die Finanzbehörden zu übersenden (§ 1 Absatz 1 Satz 1 MV).

 

3. Ausnahmen von der Mitteilungspflicht

 

3.1 Ausnahmen von der Mitteilungspflicht nach § 93a Absatz 2 AO

6

Nach § 93a Absatz 2 Satz 1 AO sind folgende öffentlichen Stellen grundsätzlich von der Mitteilungspflicht ausgenommen:

  • Schuldenverwaltungen,
  • Kreditinstitute (auch Sparkassen- und Giroverbände), und zwar auch soweit sie als beliehene Unternehmen bankfremde Aufgaben wahrnehmen,
  • Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des KStG,
  • öffentliche Beteiligungsunternehmen ohne Hoheitsbefugnisse,
  • Berufskammern (auch Industrie- und Handelskammern) und
  • Versicherungsunternehmen.

7

Unter die Befreiung fallen nicht nur typische, sondern sämtliche Zahlungen (z. B. auch Zuschüsse eines Kreditinstitutes zum Wohnungsbau).

8

Die Befreiung von der Mitteilungspflicht gilt allerdings nicht, soweit die vorgenannten Stellen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, z. B. die Verwaltung öffentlicher Subventionen und vergleichbarer Fördermaßnahmen, wahrnehmen (§ 93a Absatz 2 Satz 2 AO). Im Falle der Mitteilungspflicht nach § 13 MV gilt dies bereits für die im Jahr 2020 begründeten Mitteilungspflichten. Die Mitteilungspflicht nach § 2 Absatz 1 MV gilt für die in § 93a Absatz 2 AO bezeichneten öffentlichen Stellen (vgl. Rz. 6) erstmals für nach dem 31. Dezember 2023 geleistete Zahlungen (§ 2 Absatz 3 MV; vgl. auch Rz. 36.1).

 

3.2 Ausnahmen von der Mitteilungspflicht nach §§ 1 und 7 Absatz 1 und Absatz 2 MV

9

Zu den besonderen Ausnahmen von den allgemeinen Zahlungsmitteilungspflichten der Behörden (§ 2 MV) s. Tz. 4.1.1.2, zu den besonderen Ausnahmen von den Mitteilungspflichten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (§ 3 MV) s. Tz. 4.2.2.

 

3.3 Mitteilungen aufgrund anderer Vorschriften (§ 1 Absatz 1 Satz 2 MV)

10

Zur Vermeidung von Doppelmitteilungen entfällt die Mitteilungspflicht, wenn personenbezogene Daten Dritter bereits aufgrund anderer steuerlicher Vorschriften den Finanzbehörden (ggf. nach Maßgabe des § 93c AO) mitzuteilen sind.

 

3.4 Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes (§ 1 Absatz 1 Sätze 3 und 4 MV)

11

Eine Mitteilungspflicht besteht auch dann nicht, wenn die Gefahr besteht, dass das Bekanntwerden des Inhalts der Mitteilung dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes (z. B. Verbrechensbekämpfung) Nachteile bereiten würde (§ 1 Absatz 1 Satz 3 MV).

12

Um hierbei eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen und Missbräuchen vorzubeugen, ist bei nachgeordneten Behörden die Zustimmung der obersten Dienstbehörde erforderlich (§ 1 Absatz 1 Satz 4 MV)

 

3.5 Sozialgeheimnis; nach Landesrecht zu erbringende Sozialleistungen (§ 1 Absatz 2 MV)

13

Soweit die dem Grunde nach mitteilungspflichtigen Angaben zu den durch § 35 Absatz 1 SGB I geschützten personenbezogenen Daten gehören, sind sie ebenfalls nicht mitzuteilen (Sozialgeheimnis; Ausnahme: § 6 Absatz 2 MV, s. Tz. 4.1.5.2). Dies gilt auch für nach Landesrecht zu erbringende Sozialleistungen.

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