Rz. 37

Nur Einzelkosten dürfen als Anschaffungskosten aktiviert werden, nicht aber Gemeinkosten.[1]

 
Unterscheidung Einzelkosten/Gemeinkosten
Einzelkosten Gemeinkosten
Die Einzelkosten werden speziell für einen einzelnen Vermögensgegenstand aufgewendet. Sie werden diesem daher direkt zugerechnet. Gemeinkosten werden gemeinsam für alle oder eine Vielzahl von Vermögensgegenständen aufgewendet. Sie werden diesen Vermögensgegenständen daher indirekt zugerechnet, indem sie auf diese verteilt werden.
 

Rz. 38

Einzelkosten werden direkt, d. h. unmittelbar und ohne Schlüsselung einem Vermögensgegenstand zugerechnet. Es besteht zwischen dem angeschafften Gegenstand und dem durch seine Anschaffung entstandenen Aufwand ein eindeutiger und nachweisbarer mengen-, zeit- und wertmäßiger Zusammenhang. Dem einzelnen Vermögensgegenstand werden die Kosten zugerechnet, die unmittelbar durch seine Anschaffung verursacht worden sind, die also ohne die Anschaffung nicht denkbar wären.[2]

Der Material- und Lohnaufwand, der dem Unternehmen U im Beispiel in Rz. 11 durch die Errichtung des Fundaments für die von der Maschinenfabrik M gelieferte Maschine entstanden ist, wäre ohne die Anschaffung der Maschine nicht denkbar. Es handelt sich also hier um Einzelkosten, auch wenn die Aufwendungen im Wege der Zuschlagskalkulation ermittelt worden sind.

 

Rz. 39

Es gibt Einzelkosten, die bei der Kalkulation wie Gemeinkosten behandelt werden. Sie werden den Erzeugnissen nicht direkt zugerechnet, sondern mit Hilfe von Kostenschlüsseln umgerechnet. Äußerlich erscheinen diese Aufwendungen daher als Gemeinkosten, während sie tatsächlich Einzelkosten sind. Man spricht hier von "unechten Gemeinkosten".

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer U lagert seine Rohstoffe in einer Lagerhalle. Die Gebäudeabschreibung beträgt jährlich 10.000 EUR. An Eingangsfracht sind für die Rohstoffe im letzten Jahr 30.000 EUR angefallen.

 

Rz. 40

Die Gebäudeabschreibung entfällt anteilig auf alle in der Lagerhalle enthaltenen Vorräte. Sie rechnet daher zu den Gemeinkosten und ist somit nicht zu den Anschaffungskosten zu zählen.

 

Rz. 41

Eingangsfrachten entfallen auf jeden einzelnen Rohstoffeingang. Sie sind daher den Eingängen einzeln zurechenbar. Aus Vereinfachungsgründen werden sie bei der Rohstoffbewertung am Bilanzstichtag pauschaliert. Damit werden sie aber nicht zu Gemeinkosten. Die Eingangsfrachten sind daher Einzelkosten, die als Anschaffungskosten zu aktivieren sind. Eine Pauschalierung ist aus Vereinfachungsgesichtspunkten grundsätzlich erlaubt.[3]

 

Rz. 42

Gemeinkosten können als Herstellungskosten aktiviert werden.[4] Auch im Anschaffungsbereich können Herstellungskosten anfallen. Bestimmte Rohstoffe, z. B. Holz und Wein, steigen durch längere Lagerung im Wert. Die Aus- oder Nachreife ist ein Herstellungsprozess im weiteren Sinne. Die auf die Zeit der Aus- oder Nachreife entfallenden Aufwendungen sind somit Herstellungskosten.

[1] Vgl. § 255 Abs. 1 HGB; IDW, WP Handbuch, 17. Aufl. 2021, F 107 mit Beispielen.
[2] Schubert/Gadek, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 28.
[3] IDW, WP Handbuch, 17. Aufl. 2021, F 107.

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