Rz. 9

Beruhen die Anschaffungen auf Rechtsgeschäften, handelt es sich hierbei um gegenseitige Verträge. Aus einem Kaufvertrag ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die verkaufte Sache abzunehmen.[1] Der Verkäufer hat also den Anspruch und der Käufer die Verpflichtung auf Zahlung des vereinbarten Kaufpreises. Der Käufer kann aber die Zahlung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, wenn er nicht zur Vorleistung verpflichtet ist.[2] In der Regel kann also der Verkäufer die Erfüllung seiner Kaufpreisforderung erst dann verlangen, wenn er seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag – Verschaffung des Eigentums und des Besitzes an dem Kaufgegenstand – erfüllt hat. Vorher hat der Käufer rechtlich gesehen die Einrede des nicht erfüllten Vertrags. Wirtschaftlich handelt es sich um ein schwebendes Geschäft, aus dem weder der Zahlungsverpflichtete eine Verbindlichkeit noch der Zahlungsberechtigte eine Forderung bilanzieren darf (Ausnahme: Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB).

 

Rz. 10

Aus der Sicht des Käufers bedeutet das, er darf den Kaufgegenstand erst dann in Höhe des Kaufpreises bilanzieren, wenn der Verkäufer ihm Besitz und (wirtschaftliches) Eigentum verschafft hat, d. h. Preisgefahr (des zufälligen Untergangs), Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen.[3] In diesem Zeitpunkt ist der Kaufgegenstand angeschafft. Handelt es sich z. B. um eine Maschine, bucht der Käufer: Maschinen an Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe des vereinbarten Anschaffungspreises (Rz. 43). Für die Maschine handelt es sich dabei um Anschaffungskosten.

Der BFH[4] führt zur ergebnisneutralen Vermögensumschichtung aus: "Der Grundsatz der erfolgsneutralen Behandlung von Anschaffungsvorgängen gilt unabhängig davon, ob für ein Wirtschaftsgut – wie im Regelfall – ein (positiver) Kaufpreis entrichtet wird oder es – aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls – gegen eine Zuzahlung an den Erwerber veräußert wird, bei diesem somit keine Anschaffungskosten vorliegen und vielmehr mit der vereinnahmten Zuzahlung ein Anschaffungs"ertrag" erzielt wird. Auch in solchen Fällen steht das Realisationsprinzip dem Ausweis eines Anschaffungs"gewinns" entgegen."

 

Rz. 11

Der Anschaffungszeitpunkt ist maßgebend für die Bilanzierung des Vermögensgegenstandes beim Erwerber und für den Beginn der Abschreibung. Spätere Aufwendungen für Reparaturen sind auch dann keine Anschaffungskosten, wenn sie in einem zeitlichen Zusammenhang zur Anschaffung stehen (Abgrenzung zu den nachträglichen Anschaffungskosten, vgl. Rz. 69 f.). Anschaffungskosten sind auf den Erwerb und die Schaffung der Betriebsbereitschaft gerichtet und damit zweckbestimmt. Die Anschaffung ist daher erst dann vollendet und damit der Anschaffungszeitpunkt erreicht, wenn der Vermögensgegenstand betriebsbereit ist. Wird ein Vermögensgegenstand in renovierungsbedürftigem, aber betriebsbereitem Zustand erworben, sind Aufwendungen des Erwerbers zur Renovierung keine Anschaffungskosten. Sind es anschaffungsnahe Aufwendungen, können sie als Herstellungskosten aktiviert werden. Andernfalls sind es Erhaltungsaufwendungen.

[3] Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6 EStG Rz. 164, Stand: 8/2021.
[4] BFH, Urteil v. 26.4.2006, I R 49, 50/04, BFHE S. 213, 374, BStBl 2006 II S. 656.

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