Rz. 844

[Vermietung an Angehörige → Zeile 12]

Einnahmen für an Angehörige vermietete Wohnungen (ohne Umlagen) sind aus einkommensteuerrechtlicher Sicht besonders zu prüfen. Zum einen ist zu klären, ob das Mietverhältnis mit dem Angehörigen dem Grunde nach steuerlich anerkannt werden kann (→ Tz 831, → Tz 835), zum anderen werden solche Wohnungen oft teilentgeltlich oder verbilligt überlassen.

 

Rz. 845

Verbilligte oder teilentgeltliche Wohnungsüberlassung

Entspricht die tatsächliche Miete nicht der ortsüblichen Marktmiete, muss ggf. geprüft werden, ob eine verbilligte Überlassung vorliegt. Dabei wird die tatsächliche Miete zzgl. Nebenkosten (Warmmiete) mit der ortsüblichen Miete zzgl. Nebenkosten verglichen. Als Nebenkosten (Umlagen) sind alle nach § 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV) umlagefähigen Betriebskosten zu erfassen. Die ortsübliche Marktmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ergibt sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel (BFH, Urteil v. 6.2.2018, IX R 14/17, BFH/NV 2018 S. 849). Dazu gehören sowohl der einfache als auch der qualifizierte Mietspiegel (§§ 558c, 558d BGB).

Der örtliche Mietspiegel kann allerdings nicht zugrunde gelegt werden, wenn er mangelhaft ist, z. B. nicht regelmäßig angepasst wird oder die Datenerhebung fehlerhaft ist. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit. das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, eine Mietdatenbank i. S. des § 558e BGB oder die Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen (mindestens drei Wohnungen, die nach Adresse, Lage und Stockwerk benannt werden) heranzuziehen (BGH, Urteil v. 20.9.1982, VIII ARZ 1/82, BGHZ 84 S. 392). Der BFH hat sich der Auffassung des BGH angeschlossen. Ohne Mietspiegel verlangt die ortsübliche Marktmiete die Heranziehung von mindestens drei Vergleichswohnungen (BFH, Urteil v. 22.2.2021, IX R 7/20, BFH/NV 2021 S. 479).

Die Nutzungsüberlassung ist in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken (Kaltmiete und gezahlte Umlagen = Warmmiete; BFH, Urteil v. 10.5.2016, IX R 44/15, BFH/NV 2016 S. 1610) weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete (warm, einschl. Umlagen) beträgt (§ 21 Abs. 2 EStG; R 21.3 EStR 2012).

Beträgt das tatsächliche Entgelt mindestens 66 % der ortsüblichen Warmmiete, liegt eine voll entgeltliche Überlassung vor und die WK sind in voller Höhe abziehbar.

Beträgt das Entgelt 50 % und mehr, jedoch weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist eine Totalüberschussprognose vorzunehmen. Fällt diese positiv aus, werden die WK nicht gekürzt. Bei einem negativen Ergebnis ist von einer Einkünfteerzielungsabsicht nur für den entgeltlich vermieteten Teil auszugehen und die Aufwendungen sind nur teilweise als WK abziehbar.

Liegt eine verbilligte Überlassung vor, können die geltend gemachten Aufwendungen nur anteilig als Werbungskosten abgezogen werden. Sie sind abziehbar, soweit sie auf den entgeltlichen Teil entfallen. Der abziehbare Teil ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen tatsächlicher Miete und ortsüblicher Miete. Erfolgt die Wohnungsüberlassung unentgeltlich, sind Aufwendungen, die auf diese Wohnung entfallen, nicht als WK abziehbar.

 
Achtung

Sonderfälle bei Überlassung von Wohnraum

Vermietung zu beruflichen Zwecken

Die Regelung des § 21 Abs. 2 EStG ist nur auf Wohnungen anzuwenden, die zu Wohnzwecken vermietet werden. Zur entgeltlichen Überlassung beruflich genutzter Räume fehlt eine entsprechende gesetzliche Regelung. Bei Überlassung von Raumeinheiten zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken, ist individuell die Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen. Ggf. ist ein entsprechender anteiliger Werbungskostenabzug vorzunehmen.

Verbilligte Überlassung auch bei Vermietung an Fremde

Die Regelung der verbilligten Überlassung nach § 21 Abs. 2 EStG ist auf alle Mietverträge anzuwenden, bei denen eine Wohnung zu Wohnzwecken vermietet wird. Sie kommt insbesondere auch bei Fremdvermietung zur Anwendung und ist nicht auf Mietverhältnisse mit Angehörigen beschränkt.

Verzicht auf Mieteinnahmen in der Corona-Zeit

Erlässt der Vermieter der Wohnung aufgrund einer finanziellen Notsituation des Mieters (z. B. Einnahmenverlust aufgrund der Coronasituation) die Mietzahlung befristet ganz oder teilweise, führt dies nicht zu einer Veränderung der vereinbarten Miete und hat folglich auch keine Auswirkungen auf die Beurteilung des Mietverhältnisses im Rahmen des § 21 Abs. 2 EStG. Erfüllte aber das Mietverhältnis bereits vor dem Mieterlass die Voraussetzungen für die Kürzung des Werbungskostenabzugs gemäß § 21 Abs. 2 EStG, verbleibt es dabei; eine weitere Kürzung aufgrund des Mieterlasses ist nicht vorzunehmen.

Entsprechend ist bei der Vermietung von beruflich genutzten Räumen zu verfahren. Die Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters für die Einkünfte aus V+V kann weiterhin unterstellt werden (OFD Nordrhein-Westfalen, Verf. v. 2.12.2020, S 2253 – 2020/0025 – St 231).

Möblierungszuschlag bei verbilligter Überlassung

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