Die Abgrenzungsfragen bei der Änderung des Steuersatzes sind von einer Vielzahl von Einzelfällen geprägt. Dabei sind neben der Berücksichtigung von systematischen Grundsätzen auch Vereinfachungsregelungen zu beachten, die die Finanzverwaltung[1] i. Z. mit den Steuersatzänderungen anwendet. Allerdings hat die Finanzverwaltung in dem Schreiben vom 30.6.2020 die wirtschaftlichen Auswirkungen der Steuersatzabsenkung zum 1.7.2020 in den Vordergrund gestellt und die sich bei der Wiederanhebung der Umsatzsteuer zum 1.1.2021 ergebenden Rechtsfragen nur relativ kurz abgehandelt, konkretisiert wurde dies dann z. T. in dem ergänzenden Schreiben vom 4.11.2020.

[1] BMF, Schreiben v. 30.6.2020, BStBl 2020 I S. 584 sowie die dazu ergangenen Ergänzungen im BMF, Schreiben v. 4.11.2020, III C 2 -S 7030/20/10009 :016.

3.1 Anzahlungen

Anzahlungen Besonders zu beachten ist bei einer Steuersatzänderung die korrekte Ermittlung der geschuldeten Umsatzsteuer, wenn der Unternehmer für seine Leistungen Anzahlungen oder Vorauszahlungen vereinnahmt hat. Dabei sind grundsätzlich die folgenden Möglichkeiten denkbar (soweit keine Verlängerung der Absenkung der Steuersätze erfolgt, was derzeit nicht absehbar ist):

 
Leistungserbringung Anzahlungen Steuerliche Behandlung
Leistung oder Teilleistung erbracht bis 30.6.2020 Ob Anzahlungen geleistet worden sind ist unerheblich Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz mit 19 % bzw. mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 %
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 Anzahlungen sind vor dem 1.7.2020 nicht geflossen Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz mit 16 % bzw. mit dem ermäßigten Steuersatz von 5 %
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 Anzahlungen sind ganz oder teilweise vor dem 1.7.2020 geflossen Die Anzahlungen vor dem 1.7.2020 waren mit 19 % bzw. 7 % besteuert worden[1], bei Ausführung der Leistung in der Zeit ab dem 1.7. bis 31.12.2020 sind die Leistungen mit 3 % bzw. 2 % zu entlasten.
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 31.12.2020 Anzahlungen sind vor dem 1.1.2021 nicht geflossen Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz mit 19 % bzw. dem ermäßigten Steuersatz von 7 %
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 31.12.2020 Anzahlungen sind ganz oder teilweise in der Zeit zwischen dem 1.7. und dem 31.12.2020 geflossen Die Anzahlungen können mit 16 % bzw. 5 % besteuert werden[2], bei Ausführung der Leistung ab 2021 sind die Leistungen mit 3 % bzw. 2 % nachzuversteuern.
 
Praxis-Tipp

Entlastung bzw. Nachversteuerung von Anzahlungen

Die Entlastung bzw. die Nachversteuerung von Anzahlungen erfolgt in der Voranmeldung des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung oder Teilleistung, auf die sich die Anzahlung bezieht, ausgeführt ist. Besteuert der Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten, erfolgt die Entlastung bzw. Nachversteuerung in dem Voranmeldungszeitraum, in dem das restliche Entgelt vereinnahmt wird.

Die Finanzverwaltung hat in ihren Ergänzungen vom 4.11.2020 noch einmal eindeutig klargestellt, dass in Fällen von kumulierten Voraus- und Anzahlungsrechnungen die Anpassung der Steuer erst in dem Voranmeldungszeitraum zu berichtigen ist, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wird.[3] Die Steuer kann nicht in einer beliebigen anderen Voraus- oder Anzahlungsrechnung auf den zu diesem Zeitpunkt gültigen Steuersatz geändert werden.

Hat der Unternehmer für zwischen dem 1.7. und 31.12.2020 vereinnahmte Anzahlungen die Umsatzsteuer mit 16 % bzw. 5 % in der Rechnung angegeben, ist bei Leistungserbringung ab dem 1.1.2021 die Anzahlungsrechnung nicht zu berichtigen, wenn in der Endrechnung die Umsatzsteuer auf den Gesamtbetrag mit dem neuen Steuersatz angegeben wird. Allerdings ist darauf zu achten, dass die in der Anzahlungsrechnung offen ausgewiesene Umsatzsteuer in der Schlussrechnung wieder offen abgesetzt wird. Der Unternehmer kann aber auch seine Rechnung über die zum anderen Steuersatz vereinnahmten Anzahlungen berichtigen. Die Berichtigung erfolgt in diesem Fall für den Voranmeldungszeitraum, in dem der Unternehmer den Steuerausweis berichtigt.

 
Wichtig

Vorsteuerabzugsbeträge des Leistungsempfängers

Die Regelungen gelten nicht nur für den leistenden Unternehmer, sondern gleichfalls für die Vorsteuerabzugsbeträge des Leistungsempfängers.

Anzahlungsrechnungen, die noch in 2020 ausgestellt werden, bei denen die Vereinnahmung aber erst in 2021 erfolgt, unterliegen den Steuersätzen von 19 % bzw. 7 %, unabhängig davon, welcher Steuersatz in der Rechnung ausgewiesen worden ist. Der Leistungsempfänger hat unter den weiteren Bedingungen des § 15 UStG aber höchstens einen Vorsteuerabzug i. H. des ausgewiesenen Betrags.

Bei Vorausrechnungen[4], die zum abgesenkten Steuersatz ausgestellt worden sind, bei denen die Ausführung der Leistung aber erst in 2021 zum dann wieder angehobenen Steuersatz erfolgt, ist dann die Vorausrechnung zu berichtigen.

 
Praxis-Tipp

Rechnungstellung vor Steuersatzänderung

Der Unternehmer ka...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge