Literatur: Kohlhepp, DB 2007, 2446

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt nur vor, wenn die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung auf einer der Körperschaft zurechenbaren Handlung beruht. Der Körperschaft zuzurechnen sind die Handlungen ihrer Organe, also insbesondere des Geschäftsführers. Es ist dabei ohne Bedeutung, ob es sich um einen Fremd- oder einen Gesellschafter-Geschäftsführer handelt. Der Körperschaft sind die Einkünfte zuzurechnen, wenn die Tatbestandsverwirklichung auf ihre Rechnung und Gefahr erfolgt. Ist das der Fall, ändert sich an der Zurechnung der Einkünfte auch dadurch nichts, dass die Handlung, die zu der Tatbestandsverwirklichung führt, nicht dem atzungsgemäßen Unternehmenszweck entspricht, etwa eine nicht von dem Unternehmenszweck gedeckte Spekulation ist, einen Straftatbestand erfüllt oder gesetz- und sittenwidrig ist. Eine hiervon abweichende Zurechnung würde gegen das Trennungsprinzip und den Grundsatz der Selbständigkeit der Körperschaft verstoßen. Anders wäre es nur, wenn der Tatbestand des Scheingeschäfts, § 41 AO, oder des Rechtsmissbrauchs, § 42 AO, vorliegt.[1] Bei der GmbH ist auch die Gesamtheit der Gesellschafter Organ; Handlungen des Mehrheits- bzw. Alleingesellschafters sind also der GmbH zuzurechnen, auch wenn er nicht Geschäftsführer ist.[2] Eine einheitliche Willensbildung von Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter ist nicht erforderlich.[3] Für die AG gilt dies nicht, weil die Aktionärsversammlung gegenüber dem Vorstand nicht weisungsbefugt ist. Bei der AG bildet aber der Aufsichtsrat ein Organ, da er für die Vergütung der Vorstandsmitglieder zuständig ist. Handlungen des Aufsichtsrats in diesem Bereich sind daher der AG zuzurechnen.

Der Gesellschaft zuzurechnen ist es auch, wenn die Organe der Gesellschaft einem anderen die Möglichkeit verschaffen, über Gesellschaftsvermögen zu disponieren, oder ihm eine Generalvollmacht erteilen.[4]

Für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung genügt es aber nicht, dass die Handlung der Kapitalgesellschaft zurechenbar ist. Es muss hinzukommen, dass die Handlung der Kapitalgesellschaft auf gesellschaftsrechtlichen Gründen beruht. Das ist immer dann der Fall, wenn der Geschäftsführer selbst Gesellschafter ist; dann beruht seine Handlung (auch) auf seiner Stellung als Gesellschafter. Problematisch ist die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung jedoch, wenn der Geschäftsführer nicht gleichzeitig Gesellschafter ist, wobei es nicht von Bedeutung ist, ob der Geschäftsführer eine einem Gesellschafter nahestehende Person ist oder nicht. Eine Handlung eines solchen Geschäftsführers, der sich selbst zulasten der Gesellschafter bereichert, kann zwar als Handlung der Kapitalgesellschaft zugerechnet werden, jedoch wird diese Handlung (als gegen die Gesellschafter gerichtet) nicht auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage beruhen.[5] Anders als die oben zitierte Rspr. entschieden hat, kann m. E. allein der Umstand, dass die Gesellschafter den Geschäftsführer bestellt bzw. einer Person Generalvollmacht erteilt haben, nicht dazu führen, Handlungen dieses Geschäftsführers bzw. des Generalbevollmächtigten als gesellschaftsrechtlich veranlasst anzusehen. Die auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage eingeräumte Möglichkeit, über Gesellschaftsvermögen verfügen zu können, führt noch nicht zu einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der einzelnen durchgeführten Vermögensverfügung.

Abweichend hiervon hat der BFH[6] entschieden, dass bei Verfügungen des Fremd-Geschäftsführers, durch die dieser sich bereichert, zwar eine verdeckte Gewinnausschüttung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft vorliegen kann, dass aber kein Zufluss bei dem Gesellschafter erfolgt, wenn er von der Vermögensverfügung des Geschäftsführers nichts wusste. Stattdessen könnten bei dem Geschäftsführer Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb vorliegen. M. E. ist dieser Rspr. nicht zu folgen. Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Kapitalgesellschaft und von Arbeitslohn oder gewerblichen Einkünften bei einem Fremdgeschäftsführer schließen sich denkgesetzlich aus. Derselbe Vorgang kann nicht bei der Kapitalgesellschaft zugleich gesellschaftsrechtlich (verdeckte Gewinnausschüttung) und betrieblich (Arbeitslohn bzw. sonstige Betriebsausgabe) veranlasst sein. Wird eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung im Verhältnis zum Gesellschafter abgelehnt, weil er keine Kenntnis von dem Handeln des Geschäftsführers hatte und ihm dieses auch nicht zugerechnet werden kann, kann auf der Ebene der Kapitalgesellschaft keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung und damit keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen. Vielmehr handelt es sich bei der Kapitalgesellschaft um einen betrieblich veranlassten Vermögensverlust, bei dem Geschäftsführer um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, um Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder um sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG.

Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung und damit eine verdeckte Gewinnauss...

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