Rz. 113

Abweichungen von Bewertungsmethoden resultieren hauptsächlich aus Abweichungen vom Grundsatz der Bewertungsstetigkeit in § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB (zeitliche Abweichungen von den Bewertungsmethoden, die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewendet wurden) und daneben aus Abweichungen von den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen des § 252 Abs. 1 Nrn. 1–5 HGB (Regelabweichungen, d. h. Abweichungen von den regelmäßig gemäß § 252 Abs. 1 Nrn. 1–5 HGB anzuwendenden Bewertungsmethoden).

 

Rz. 114

Abweichungen vom Grundsatz der Bewertungsstetigkeit

Nach § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB sind die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden beizubehalten. Nur in begründeten Ausnahmefällen, die aus sachlich einschlägigen und ausreichenden Gründen erfolgen, darf das Stetigkeitsgebot durchbrochen werden (§ 252 Abs. 2 HGB). Hinsichtlich der vom IDW im Einzelnen für eine Abweichung akzeptierten Gründe wird auf Rz. 111 verwiesen. Darüber hinaus hat(te) jedoch das Schrifttum insbesondere auch folgende Sachverhalte als ausreichend angesehen, die eine Durchbrechung des Stetigkeitsgebots für Bewertungsmethoden rechtfertigen:[1]

  • Anpassung an die Ergebnisse einer steuerlichen Betriebsprüfung,
  • Anpassung an international anerkannte Bewertungsgrundsätze,
  • Einleitung von Sanierungsmaßnahmen,
  • grundlegend andere Einschätzung der Unternehmensentwicklung,
  • mengenmäßig erhebliche Kapazitäts- und Bestandsveränderungen (einschließlich erhebliche Veränderungen des Beschäftigungsgrads), sodass die bisher angewandten Bewertungsmethoden dafür unangemessen sind oder
  • bedeutende technische Umwälzungen im Unternehmen.

Sofern sich ein Bilanzierender zum Zeitpunkt der Erstanwendung der Rechnungslegungsvorschriften des BilMoG entschloss bestimmte Übergangsvorschriften zum BilMoG zu nutzen (so z. B. die ratierliche Zuführung zu den Pensionsrückstellungen nach Art. 67 Abs. 3 Satz 1 EGHGB) und sich erst zu einem späteren Zeitpunkt, jedoch noch vor Auslaufen des Endes der Anpassungsfrist (31.12.2024) entscheidet, eine vollständige Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften des BilMoG vorzunehmen, so ist eine Durchbrechung der Stetigkeit aufgrund einer besseren Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage möglich.[2]

 

Rz. 115

Für die Frage, ob in der konkreten Situation überhaupt ein Methodenwechsel vorliegt, der Berichtspflichten auslöst, ist von den Ausführungen unter Rz. 58 zum Begriff "Bewertungsmethode" auszugehen. Unter Bezugnahme darauf lassen sich folgende gängige Beispiele für eine Änderung von Bewertungsmethoden nennen:[3]

 
Praxis-Beispiel
  • Wechsel in der Methode zur Ermittlung der Anschaffungskosten (z. B. Wechsel von der Bewertung zu tatsächlichen Anschaffungskosten auf Durchschnittskosten);
  • Änderungen des Umfangs der zu aktivierenden Herstellungskosten (z. B. Einbeziehung oder Nichtansatz bestimmter Kosten des allgemeinen Verwaltungsbereichs, angemessener Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung oder von Fremdkapitalzinsen);
  • Anwendung einer veränderten Abschreibungsmethode (z. B. degressive Abschreibungen an Stelle von früher angewandten linearen Abschreibungen);
  • Berücksichtigung anderer Nutzungsdauern bei gleichartigen abnutzbaren Anlagegegenständen im Rahmen der planmäßigen Abschreibungen (z. B. aufgrund der Anpassung an branchenübliche Nutzungsdauern);
  • Ansatz anderer Gewinnspannen bei der retrograden Bewertung von Vorräten (z. B. aufgrund einer abweichenden Abgrenzung der einzubeziehenden Vorräte);
  • Bildung bzw. Aufgabe der Bildung von Festwerten für bestimmte Gruppen von Vermögensgegenständen;
  • Änderung der Methode zur Ermittlung der Wertberichtigungen auf Forderungen, insbesondere Änderung des Prozentsatzes für die Bemessung der Pauschalwertberichtigungen auf Forderungen;
  • Änderung der Methode zur Ermittlung der Garantierückstellungen, insbesondere Änderung des Pauschalsatzes bei der Ermittlung der Garantierückstellungen;
  • Änderung der Methode zur Ableitung des beizulegenden Zeitwerts bei fehlendem Marktpreis für die mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Vermögensgegenstände i. S. d. § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB.
 

Rz. 116

Keine Methodenänderung liegt dagegen vor, wenn z. B. erstmals notwendige außerplanmäßige Abschreibungen aufgrund des strengen Niederstwertprinzips erfolgen. Hier handelt es sich um eine gesetzlich gebotene Abwertung, nicht dagegen um die andersartige Ausübung eines Methodenwahlrechts.[4]

 

Rz. 117

Abweichungen von den anderen allgemeinen Bewertungsgrundsätzen

Bei den Abweichungen von den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen des § 252 Abs. 1 Nrn. 1–5 HGB und den daraus resultierenden Angabepflichten geht es vor allem um folgende Probleme:

Grundsatz der Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB)

Im Regelfall ist bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen (Going-Concern-Prinzip). Stehen tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten de...

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