Leitsatz

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob nicht dem Steuerpflichtigen ein Recht auf gerichtliche Überprüfung der Festlegung des Außenprüfers zusteht, wenn aufgrund des bisherigen Verhaltens des Prüfers – über die bloße Besorgnis der Befangenheit hinaus – zu befürchten ist, dass der Prüfer Rechte des Steuerpflichtigen verletzen wird, ohne dass diese Rechtsverletzung durch spätere Rechtsbehelfe rückgängig gemacht werden könnte.

 

Normenkette

§ 83 AO , § 197 AO , § 69 Abs. 2 und 3 FGO

 

Sachverhalt

Das FA erließ eine Prüfungsanordnung gegen eine GbR, die sich mit gewerblichem Grundstückshandel befasste. Als Prüfer waren F und G vorgesehen. F hatte zuvor schon bei einem Gesellschafter der GbR geprüft. In zeitlichem Zusammenhang mit der Prüfung war beim Landeskriminalamt ein Hinweis aus dem FA betreffend den Gesellschafter eingegangen, in dem auf ein Grundstücksgeschäft aufmerksam gemacht worden war. Einem der Beteiligung an einer schweren Brandstiftung Verdächtigen sei von dem Gesellschafter eine Eigentumswohnung angeboten worden. Der Gesellschafter ging davon aus, F habe diesen Hinweis gegeben. F hatte nämlich außerdem bei der Prüfung Informationen aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren verwertet, die auf einer rechtlich umstrittenen Telefonabhöraktion beruhten.

Die GbR legte gegen die Prüfungsanordnung Einspruch ein und wandte sich gegen die Beauftragung von F. Das FA wies den Einspruch mit der Begründung zurück, die Möglichkeit, dass F mehrere Dienstvergehen zur Last zu legen seien, rechtfertige nicht eine Befangenheit des F. Zugleich mit der dagegen erhobenen Klage beantragte die GbR beim FG Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung. Dem Aussetzungsantrag gab das FG statt. Die dagegen erhobene – zugelassene – Beschwerde des FA hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH ließ offen, ob es ein Recht zur Ablehnung eines Prüfers wegen Besorgnis der Befangenheit gebe, obwohl dies die AO nicht vorsehe. Im summarischen Verfahren sei aber nicht auszuschließen, dass es ein Ablehnungsrecht gebe, wenn zu befürchten sei, dass der Prüfer Rechte des Steuerpflichtigen verletzen werde, ohne dass die Rechtsverletzung rückgängig gemacht werden könne. Diese Befürchtung bestehe im Streitfall.

 

Hinweis

Betriebsprüfungen durch qualifizierte Prüfer können für den betroffenen Steuerpflichtigen unangenehm sein. Zur Erzielung einer möglichst gleichmäßigen und gesetzeskonformen Besteuerung ist es nicht nur im Interesse des Fiskus, sondern im Interesse aller Steuerzahler, dass solche Prüfungen von möglichst hoch qualifizierten Prüfern durchgeführt werden. Wollte man dem Geprüften das Recht geben, ihm nicht genehme Prüfer abzulehnen, würde man die Betriebsprüfung zu einem zahnlosen Tiger degradieren. Deshalb wurde ein solches Ablehnungsrecht in der AO nicht vorgesehen, und zwar auch nicht für den Fall, dass der Prüfer i.S.d. § 83 AO als befangen erscheint. Dort wird lediglich geregelt, dass amtsintern zu prüfen ist, ob ein Bediensteter wegen Befangenheit in einem bestimmten Besteuerungsverfahren nicht mitwirken darf. Der Steuerpflichtige kann daraus unmittelbar keine Rechte ableiten. Dass sich ein Ablehnungsrecht im Fall der Befangenheit auch nicht mittelbar daraus ergibt, dass die Prüfungsanordnung angefochten und gerichtlich überprüft werden kann, ist vom BFH entschieden worden, allerdings nicht unstreitig (gegen diese Rechtsprechung Gosch in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 197 AO Rz. 29 f.).

Im Besprechungsfall bestand allerdings über die Besorgnis der Befangenheit hinaus die Befürchtung, der Prüfer werde Informationen über den Steuerpflichtigen unter Bruch des Steuergeheimnisses an Dritte weitergeben. Wenn eine solche Gefahr konkret besteht, darf der Steuerpflichtige nicht rechtlos gestellt werden. Dazu käme es aber, wenn man die Prüfung zunächst hinnehmen müsste, denn der Bruch des Steuergeheimnisses kann nicht rückwirkend beseitigt werden. Der BFH hält es deshalb für denkbar, in einem solchen Fall die Bestimmung des Prüfers einer gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen.

Abschließend entschieden ist darüber im Besprechungsfall zwar noch nicht, denn hier handelte es sich zunächst nur um das summarische Aussetzungsverfahren. Es ist aber kein Grund dafür zu erkennen, warum im Hauptsachverfahren anders entschieden werden sollte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 29.4.2002, IV B 2/02

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