Leitsatz

Kommt es bei Knock-out-Zertifikaten zum Eintritt des Knock-out-Ereignisses, können die Anschaffungskosten dieser Zertifikate nach der ab 1. Januar 2009 geltenden Rechtslage im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Verlust berücksichtigt werden, ohne dass es auf die Einordnung als Termingeschäft ankommt.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 2, § 20 Abs. 4 Sätze 1 und 5, § 20 Abs. 6, § 20 Abs. 9 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb im Jahr 2011 verschiedene Knock-out-Zertifikate. Im selben Jahr wurde die Knock-out-Schwelle erreicht und die Zertifikate ohne Differenzausgleich bzw. Restwert aus dem Depot ausgebucht. Bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2011 ließ das FA die hieraus entstandenen Verluste i.H.v. insgesamt 130.058,89 EUR unberücksichtigt. Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 6.10.2015, 9 K 4203/13 E, Haufe-Index 8732110, EFG 2015, 2173).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Der BFH hat in seiner Entscheidung offengelassen, ob es sich bei den vom Kläger erworbenen Knock-out-Zertifikaten um Termingeschäfte i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 4 Satz 5 EStGhandelt. Eine diesbezügliche Qualifizierung war aufgrund der unzureichenden Feststellungen des FG nicht möglich. Er hat aus diesem Grund eine alternative Betrachtung angestellt.

2. Sollte es sich bei den Knock-out-Zertifikaten um Termingeschäfte gehandelt haben, wäre der Verlust gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG steuerlich zu berücksichtigen. Im Gegensatz zur alten Rechtslage bezieht sich § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG nicht mehr auf die "Beendigung des Rechts", sodass nach Einführung der Abgeltungsteuer jedweder Ausgang eines Termingeschäfts steuerlich erfasst wird. Der Verlust ist danach steuerlich zu berücksichtigen, wenn die Zertifikate aufgrund des Eintritts der Knock-out-Schwelle automatisch verfallen und ausgebucht werden.

3. Sollte es sich bei den Knock-out-Zertifikaten nicht um Termingeschäfte i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG, sondern um ein Kassageschäft gehandelt haben, ist der Verlust gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 EStG steuerlich zu berücksichtigen. Nach Einführung der Abgeltungsteuer erfasst § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG auch Erträge aus reinen Spekulationsanlagen (Vollrisikozertifikate). Dies folgt daraus, dass nach der Neuregelung bei Erträgen aus "sonstigen Kapitalforderungen jeder Art" sowohl die Höhe des Entgelts als auch die Höhe der Rückzahlung von einem ungewissen Ereignis abhängen kann. Es handelt sich danach um einen Auffangtatbestand, der auch Knock-out-Zertifikate erfasst. Deren automatischer Verfall zum Zeitpunkt des Erreichens der Knock-out-Schwelle ist eine "Einlösung" i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG zu Null. Dies entspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Folgerichtigkeit gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Denn mit der Einführung der Abgeltungsteuer sollte eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden.

4. Der Verlust kann gemäß § 20 Abs. 6 EStG mit den positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Das Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 EStG steht dem nicht entgegen, weil § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG für Termingeschäfte eine Sondervorschrift enthält.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.11.2018 VIII R 37/15

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