Leitsatz

Verluste sind unter dem Gesichtspunkt der Liebhaberei bzw. Einkünfteerzielungsabsicht steuerlich nur anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige einen sog. Totalgewinn anstrebt, wenn also während der gesamten Dauer der Betätigung die Gewinne die Verluste übersteigen. Dabei sind auch die im Betriebsvermögen gebildeten stillen Reserven zu berücksichtigen, die der Steuerpflichtige bei Veräußerung oder Aufgabe seines Betriebs zu versteuern hat. Hohe stille Reserven im Betriebsvermögen können deshalb dazu führen, dass während der gesamten Dauer der betrieblichen Tätigkeit laufende Verluste steuerlich anzuerkennen sind.

 

Sachverhalt

Die Frau eines Finanzbeamten hatte von ihrer Mutter einen landwirtschaftlichen Betrieb von 0,7244 ha übernommen. Auf dem Gelände des Betriebs hat sie ein landwirtschaftliches Wohnhaus mit Nebengebäuden errichtet. Im laufenden Betrieb erzielte die Klägerin ausschließlich Verluste, die sie durch Einnahme-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelte.

 

Entscheidung

Das Finanzamt wollte diese Verluste nicht anerkennen, weil der Betrieb nicht geeignet sei, Gewinne abzuwerfen. Das FG gab der Klage statt, weil die in den Gebäuden gebildeten stillen Reserven die Summe der laufenden Verluste überstiegen und der Betrieb nach den Angaben der Klägerin in absehbarer Zeit, nämlich bei Pensionierung des Ehemanns, aufgegeben werden sollte. Wegen der hohen stillen Reserven sei dann trotz der laufenden Verluste das Gesamtergebnis der betrieblichen Betätigung positiv.

 

Hinweis

Das FG beruft sich zu Recht auf die Rechtsprechung des BFH (BFH, Urteil v. 17.6.1998, XI R 64/97, BStBl 1998 II S. 727), nach der für die Frage des Totalgewinns auch die stillen Reserven zu berücksichtigen sind, die der Steuerpflichtige als Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn zu versteuern hat. Bei laufenden Verlusten wird deshalb oft entscheidend sein, wann mit einer Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs zu rechnen ist. Je länger der Steuerpflichtige den verlustbringenden Betrieb umtreibt, umso höhere Verluste summieren sich. Ausserdem sinken mit zunehmendem Alter oft wieder die stillen Reserven, die sich in einem Gebäude gebildet hatten. Wird ein Wirtschaftsgebäude bis zum wirtschaftlichen Verbrauch genutzt, enthält es am Ende keine stillen Reserven mehr. Unter Umständen sind deshalb laufende Verluste nur anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige den Betrieb in absehbarer Zeit veräußert oder aufgibt. Im Urteilsfall hat das FG den Angaben der Klägerin zur geplanten Betriebseinstellung Glauben geschenkt. Fraglich erscheint, ob sich die Beurteilung auch für zurückliegende Jahre ändert, wenn ein verlustbringender Betrieb länger geführt wird, als der Steuerpflichtige vor dem FG geltend gemacht hat. Zumindest soweit Verjährung eingetreten ist, kann das Finanzamt Steuerbescheide für zurückliegende Jahre nicht mehr ändern.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 24.02.2003, 13 K 4791/99

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