Leitsatz

1. Von internationalen Organisationen gezahlte Altersbezüge sind nach deutschem Recht rechtsvergleichend zu qualifizieren.

2. Renten der Vereinten Nationen sind Einkünfte aus Leibrenten der Basisversorgung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (Abgrenzung zu Pensionen der NATO).

 

Normenkette

§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 119 Nr. 6 FGO

 

Sachverhalt

Die Klägerin war bis zu ihrem Ruhestand im Jahr 1998 Bedienstete der VN. Die Altersversorgung wird über einen "United Nations Joint Staff Pension Fund" (UNJSPF) geregelt, in den sie während ihrer aktiven Beschäftigung ca. 7 % und die VN ca. 14 % ihres Nettogehalts einzahlten.

Die Bezüge der Klägerin unterlagen einer VN-internen Steuer, deren Aufkommen durch Verrechnung mit den Mitgliedsbeiträgen mittelbar Deutschland zugutekam. Bei der Ermittlung der internen Steuer wurde der Arbeitgeberbeitrag der VN als steuerfrei angesehen, während die Beiträge der Klägerin die Bemessungsgrundlage nicht minderten.

Im Streitjahr 2010 besteuerte das FA die Rente der Klägerin erstmals gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit dem Besteuerungsanteil, soweit nicht die Öffnungsklausel zur Anwendung kam.

Das FG hat die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage abgewiesen. Die Rente sei nicht ausschließlich aus steuerbelasteten Beiträgen finanziert. Das Verbot der doppelten Besteuerung sei ebenso wenig verletzt wie der Gleichbehandlungsgrundsatz (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.5.2014, 15 K 1216/10, Haufe-Index 7714959, EFG 2015, 1278).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin war aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen unbegründet.

 

Hinweis

Die Besteuerung der Alterseinkünfte, die von ehemaligen Angehörigen internationaler Organisationen bezogen werden, beschäftigt in letzter Zeit verstärkt die Rechtsprechung des BFH.

1. Während die Altersbezüge ehemaliger Bediensteter des Europäischen Patentamtes (BFH, Urteil vom 23.2.2017, X R 24/15, BFH/NV 2017, 833, BFH/PR 2017, 223), des Europäischen Raumfahrtkontrollzentrums (BFH, Beschluss vom 22.7.2015, X B 172/14, BFH/NV 2015, 1390) und der NATO (BFH, Urteil vom 22.11.2006, X R 29/05, BFH/NV 2007, 574, BStBl II 2007, 402) als Versorgungsbezüge gemäß § 19 EStG zu qualifizieren waren, sind die Alterseinkünfte, die von dem United Nations Joint Staff Pension Fund (UNJSPF) ausgezahlt werden, als Leibrenten gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu besteuern.

Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass dem Arbeitnehmer ein unmittelbarer und unentziehbarer Rechtsanspruch gegen den UNJSPF als Dritten verschafft worden ist.

Der UNJSPF ist gegenüber den Vereinten Nationen (VN) in einer Weise rechtlich verselbstständigt, dass ihm bei rechtsvergleichender Betrachtung Rechtsfähigkeit zukäme. Er ist organisatorisch, finanziell und justiziell gegenüber den VN verselbstständigt. Vor allem sind Mitglieder und damit wirtschaftliche Träger des UNJSPF nicht nur die VN, sondern eine Reihe weiterer internationaler Organisationen. Damit besitzt der UNJSPF eine rechtliche Selbstständigkeit, die – im Gegensatz zu den Versorgungseinrichtungen der anderen oben genannten internationalen Organisationen – über diejenige eines verwaltungstechnisch ausgegliederten Sondervermögens hinausgeht.

2. Eine allgemeine – über die Anwendung der sog. Öffnungsklausel hinausgehende – Besteuerung mit dem Ertragsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG hat der BFH hingegen abgelehnt.

Die rechtsvergleichende Qualifizierung der VN-Rente führt nämlich dazu, dass sie der Basisversorgung ­zuzuordnen ist. Sie entspricht in allen inhaltlichen Merkmalen den Vorgaben, die als Essentialia einer Basisversorgung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeitet worden sind. Das Fehlen einer gesetzlichen Anordnung ist dabei unerheblich, da die durch die Generalversammlung der VN geschaffenen UNJSPF-Regulations einen gleichwertigen Ersatz für eine gesetzliche Anordnung darstellen.

3. Ob es in Zukunft bei den ehemaligen Bediensteten der VN zu einer unzulässigen doppelten Besteuerung kommen könnte, musste der X. Senat nicht entscheiden. Denn im Streitfall war keine doppelte Besteuerung gegeben, selbst wenn die an die VN gezahlte Steuer in die Berechnung einbezogen worden wäre.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 5.4.2017 – X R 50/14

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