Die bedeutendste Grenze für das Akteneinsichtsrecht ist das Steuergeheimnis (§ 30 AO).[1] Dies ist ein Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, welches das Bundesverfassungsgericht aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitet hat.[2] Durch das Steuergeheimnis geschützt werden die Verhältnisse eines anderen. Dies sind alle Umstände, Vorgänge, Merkmale oder sonstigen Tatsachen, unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Einzelfall steuerlich relevant sind oder nicht.[3] Diese Verhältnisse dürfen nicht mitgeteilt werden und müssen deshalb grundsätzlich vom Recht auf Akteneinsicht ausgenommen werden.

Wann Verhältnisse eines Dritten betroffen sind, ist im Einzelfall zu prüfen. So greift etwa bei einer einheitlichen Feststellung des Ergebnisses von Personengesellschaften das Steuergeheimnis gegenüber persönlich haftenden Gesellschaftern nicht, da diese das Ergebnis unmittelbar betrifft. Anders soll dies nach der Ansicht des BFH bei Kommanditisten sein, deren Einsicht in die Akten von der Zustimmung der übrigen Gesellschafter abhängig ist.[4] Diese Inkonsequenz zwischen der Behandlung von Komplementären und Kommandisten erscheint nicht nachvollziehbar.[5]

Bei Kapitalgesellschaften sind hingegen die Verhältnisse der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern vom Steuergeheimnis zutreffend dann geschützt, wenn es sich um nicht vertretungsberechtigte Gesellschafter handelt.[6] Auch der Ehegatte ist grundsätzlich ein anderer i. S. d. § 30 AO. Allerdings werden bei zusammenveranlagten Eheleuten die Verhältnisse des einen Ehegatten automatisch zu solchen des anderen und unterliegen damit nicht dem Steuergeheimnis. Steuerlich nicht relevante Tatsachen, bleiben aber trotzdem vom Steuergeheimnis auch bei zusammenveranlagten Eheleuten geschützt.[7]

Umstritten ist, ob auch der Name eines Anzeigenerstatters vom Steuergeheimnis geschützt ist. Dies wird man im Regelfall zu bejahen haben, es sei denn, der Anzeigenerstatter hat vorsätzlich falsche Angaben gemacht, so dass eine Mitteilung des Namens an die Strafverfolgungsbehörden nach § 30 Abs. 5 AO in Betracht kommt. Allerdings kann im Einzelfall das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eine Durchbrechung des Steuergeheimnisses erforderlich machen.[8]

[1] Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO und FGO, § 91 AO Rz. 128.
[2] BVerfG, Urteil v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83 und andere, BVerfGE 65, 1 (41ff.); Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 91 AO Rz. 128.
[3] Rüsken, in Klein, AO, 16. Aufl 2022, § 30 AO Rz. 43.
[5] So auch Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 30 AO Rz. 17.
[8] BFH, Urteil v. 8.2.1994, VII R 88/92, BStBl 1994 II S. 552; Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO und FGO, § 91 AO Rz. 130.

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