Das bisher (meist) vorherrschende wasserfallartige Vorgehensmodell und die damit verbundenen Kulturen sowie Denkweisen in den Unternehmen kommen bei steigender Komplexität der Markt- und Kundenbedürfnisse an ihre Grenzen. Dies ist sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass diese Modelle suggerieren, dass die Zukunft im Detail plan- und vorhersehbar wäre und die die Zukunft betreffenden Veränderungen träge ablaufen würden und daher leicht antizipierbar wären.

Um Veränderungen hin zu mehr Agilität zu bewirken, können stattdessen auf prozessualer Ebene agile Methoden, wie beispielsweise der populäre Scrum-Ansatz, eingesetzt werden. Insbesondere im Bereich der Produktentwicklung wird deshalb oft mit agilen Methoden gestartet. Die Ursachen für den Handlungsdruck können durchaus unterschiedlich sein. Ob nun die Dauer bis zur Marktreife neuer Produkte zu lang ist, Pläne nicht eingehalten werden, die Qualität zu wünschen übriglässt, die Produktion zu teuer oder der Nutzen nicht ausreichend ist[4]: Die Unternehmen verspüren den Druck, etwas an den Prozessen verändern zu müssen und agilen Methoden eilt der Ruf voraus, Antworten und Lösungen für die aufgezählten Probleme zu liefern.

Nicht ohne Grund wurde in den letzten Jahren vor allem das Vorgehen in der digitalen Produkt- und Softwareentwicklung verändert. Digitale Produkte weisen andere Merkmale auf als klassische Softwarelösungen, die meist eher intern genutzt wurden, um die Produkte oder Dienstleistungen einem Kunden zu verkaufen. Heute ist die "Software" Teil des Produkts und der Kunde stellt entsprechend gewisse Anforderungen daran, beispielsweise hinsichtlich der Usability oder Aktualität. Aufgrund dieser zunehmenden Komplexität und des Drucks durch Markt, Wettbewerb und steigende Kundenanforderungen kommen die IT- und Softwarebereiche immer mehr massiv unter Druck, qualitativ hochwertige Produkte in time auszuliefern. Mittlerweile sind es aber nicht mehr nur die IT- und Softwarebereiche, sondern es geraten ganze Unternehmen und Branchen unter Druck, bei der Geschwindigkeit des Markts mitgehen können zu müssen.

Agile Vorgehensweisen unterscheiden sich in ihrer Grundannahme deutlich von den beschriebenen Wasserfallmodellen, da sie Unternehmen ermöglichen, sich besser auf die derzeitigen Markterfordernisse einzustellen. So herrscht am Ausgangspunkt noch Unsicherheit darüber, was genau zu tun ist, und es wird ein explorativer Ansatz gewählt, um dies herauszufinden. Eine Annäherung an die bestmögliche Lösung erfolgt schrittweise. In der aktuellen Situation erhalten agile Vorgehensweisen deswegen eine neue, höhere Relevanz als in der Vergangenheit.

Mittlerweile zeigen die Praxiserfahrungen und auch Studien[5], dass die agilen Vorgehensmodelle die Produktivität deutlich steigern, die Qualität der Arbeitsergebnisse erhöhen und vor allem auch die time to market in der Produktentwicklung verkürzen. Diese Erfolge führen dazu, dass nicht nur in den IT- und Softwareentwicklungsbereichen agil gearbeitet wird, sondern immer mehr auch darüber nachgedacht wird, wie die Skalierung für die gesamte Organisation umgesetzt werden kann.

[4] Vgl. Maximini, Dominik (2013): Scrum – Einführung in der Unternehmenspraxis. Springer-Verlag, Berlin, S.15 f.
[5] Vgl. GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement. (2015): Status Quo Agile. Studie zur Verbreitung und Nutzen agiler Methoden. https://www.gpm-ipma.de/fileadmin/user_upload/GPM/Know-How/Studie_Agiles-PM_web.pdf, u. a. S. 2, S. 14, S. 21 (z. B.).

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