2.1 Pflicht zur Rechnungslegung

 

Rz. 10

Gem. § 238 Abs. 1 HGB ist jeder Kaufmann zum Führen von Büchern verpflichtet. Eine Aktiengesellschaft gilt gem. § 3 Abs. 1 AktG immer als Handelsgesellschaft und ist somit Formkaufmann i. S. d. § 6 Abs. 1 HGB. Folglich ist die Aktiengesellschaft buchführungspflichtig. Nach h. M. beginnt die Buchführungspflicht mit der Gründung der Gesellschaft und endet nach der endgültigen Abwicklung des noch vorhandenen Vermögens.[1]

 

Rz. 11

Die Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses ergibt sich aus § 242 HGB. Demnach hat jeder Kaufmann als periodischen Abschluss einen Jahresabschluss aufzustellen.[2] Für die Aktiengesellschaft gelten die ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften (§§ 264 ff. HGB). Somit hat die Aktiengesellschaft, insbesondere die Frist gem. § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB zu beachten und muss ihren Jahresabschluss in den ersten 3 Monaten des folgenden Geschäftsjahres aufstellen. Bei kleinsten und bei kleinen Aktiengesellschaften (Rz. 13) darf die Frist um maximal 3 Monate überschritten werden (§ 264 Abs. 1 Satz 4 HGB).

Zu den wichtigsten Funktionen des Jahresabschlusses gehört die Information über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Aktiengesellschaft.[3] Unter Berücksichtigung der Maßgeblichkeit (§ 5 Abs. 1 EStG) dient der Jahresabschluss auch als Grundlage für die Besteuerung. Er stellt außerdem die Grundlage der Dividendenansprüche der Aktionäre dar.

 

Rz. 12

Die persönliche Verantwortung für die Aufstellung eines Jahresabschlusses obliegt als Geschäftsführungsmaßnahme dem Vorstand (§ 91 AktG).[4] Dieser hat im Rahmen der handelsrechtlichen Beurteilungsmöglichkeiten die Ansatz- und Bewertungswahlrechte sachgerecht auszuüben, um i. S. d. § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu einem den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu gelangen. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung umfassen u. a.:[5]

Bei der sachgerechten Ausübung von Ansatz- und Bewertungswahlrechten hat der Vorstand die bilanzpolitischen Gestaltungsspielräume grundsätzlich i. S. d. Aktiengesellschaft zu nutzen, im Zweifel auch gegen die möglicherweise gegenläufigen Interessen der Aktionäre.[6]

Zu betonen ist, dass der vom Vorstand aufgestellte Jahresabschluss zunächst lediglich einen Entwurf darstellt. Rechtliche Wirkung entfaltet der Jahresabschluss erst mit der Feststellung (Rz. 30).

[1] Vgl. Störk/Lewe, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 238 Rz. 73, 80; Ballwieser, in Schmidt/Ebke, Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 4. Aufl. 2020, § 238 Rz. 14, 15; Bieg/Waschbusch, in Böcking u. a., Beck'sches Handbuch der Rechnungslegung, Band 1, A 100 Rz. 8  ff., Stand: 8/2022.
[2] Vgl. Koch, in Hüffer/Koch, Aktiengesetz, 15. Aufl. 2021, § 172 Rz. 2.
[3] Vgl. Helm/Haaf, in Drinhausen/Eckstein, Beck'sches Handbuch der AG: Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Börsengang, 3. Aufl. 2018, § 10 Rz. 6.
[4] Vgl. Hentschel, in Böcking u. a., Beck´sches Handbuch der Rechnungslegung, Band 1, B 101 Rz. 19, Stand: 8/2022.
[5] Vgl. Helm/Haaf, in Drinhausen/Eckstein, Beck´sches Handbuch der AG: Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Börsengang, 3. Aufl. 2018, § 10 Rz. 57.
[6] Vgl. Helm/Haaf, in Drinhausen/Eckstein, Beck´sches Handbuch der AG: Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Börsengang, 3. Aufl. 2018, § 10 Rz. 21 m. w. N.

2.2 Umfang der Rechnungslegung

 

Rz. 13

Innerhalb der Rechnungslegung der Aktiengesellschaft kann zwischen kapitalmarktorientierten und nicht kapitalmarktorientierten Aktiengesellschaften unterschieden werden.[1] Bei den nicht kapitalmarktorientierten Aktiengesellschaften kann weiter zwischen kleinsten, kleinen, mittelgroßen und großen Gesellschaften differenziert werden.

Der Begriff der Kapitalmarktorientierung wurde im Zuge des BilMoG in das HGB aufgenommen. Gem. § 264d HGB liegt Kapitalmarktorientierung vor, wenn die Aktiengesellschaft einen organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 2 WpHG durch von ihr ausgegebene Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG in Anspruch nimmt bzw. die Zulassung solcher Wertpapiere zum Handel beantragt hat. Neben der Börsennotierung ist der Tatbestand der Kapitalmarktorientierung auch gegeben, wenn andere Wertpapiere, wie z. B. Anleihen oder Schuldverschreibungen, ausgegeben werden.[2] Für in diesem Sinne kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften gelten zusätzliche Bilanzierungsregeln sowie weitere Sonderregelungen, die eine besonders umfassende Information der Anleger sicherstellen sollen (Rz. 14, Rz. 33).

Die Differenzierung in kleinste, kleine, mittelgroße und große Aktiengesellschaften erfolgt anhand von § 267 HGB. Für kleine und mittelgroße Gesellschaften gelten Erleichterungen bei der Aufstellung, der Prüfung und der Veröffentlichung des Jahres...

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