Leitsatz

Bisher unterlassene AfA können jedenfalls dann nicht nachgeholt werden, wenn ein Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens erstmals bilanziert wird.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 EStG , § 5 Abs. 1 EStG , § 6 Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Inhaber eines Installationsbetriebs und ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1, 5 EStG. Einen von ihm 1989 – auf Rechnung der Firma – gekauften Pkw, der aus Ende März 1989 "dem Betrieb entnommenen Mitteln" bezahlt wurde, aktivierte er erstmals im Streitjahr 1993 mit den vollen Anschaffungskosten (55 442,98 DM), nahm eine Nutzungsdauer von sechs Jahren an und verteilte die AfA auf die hieraus errechnete Restnutzungsdauer von zwei Jahren unter Ansatz eines pauschalierten Privatanteils von 4 200 DM.

Das FA nahm lediglich eine Einlage des Pkw zum Wert von 30 917 DM an und berücksichtigte im Hinblick auf die Restnutzungsdauer von zwei Jahren für das Streitjahr eine AfA von 15 459 DM unter Ansatz eines Privatanteils von 25 %. Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab.

 

Entscheidung

Für die von den Klägern begehrte "Nachholung der AfA" finde sich keine Stütze im Gesetz.

1. Vor allem widerspräche sie dem Grundsatz, dass die Einkommensteuer – dem Grunde wie der Höhe nach – als Jahressteuer (§ 2 Abs. 7 EStG) kraft Gesetzes jeweils mit Ablauf eines jeden Veranlagungszeitraums entstehe (§ 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dieses Prinzip der Abschnittsbesteuerung betreffe auch den einkünftebezogenen Aufwand, der daher, wenn er – wie im Streitfall – nur im Weg der AfA abgezogen werden dürfe (§ 4 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 7 EStG), zeitanteilig den Veranlagungszeiträumen (§§ 2 Abs. 7, 25 Abs. 1 EStG) zwischen Anschaffung/Herstellung und dem Ende der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zwingend – ausnahmslos – zuzuordnen sei.

Eine Ausnahme hiervon sei ebenso wenig vorgesehen wie bei der zeitlichen Zuordnung der mit der Verausgabung abzusetzenden Aufwendungen. Gegenüber diesem Prinzip der abschnittsweisen Erfassung des Wertverzehrs von der Abnutzung unterliegenden Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens trete der Gedanke der richtigen Erfassung des Totalgewinns zurück. In Übereinstimmung mit diesen materiell-rechtlichen Grundsätzen und ebenfalls unabhängig von der buchmäßigen Behandlung gehöre der nach den Vorschriften des EStG ermittelte anteilige AfA-Jahresbetrag von Gesetzes wegen zu den Besteuerungsgrundlagen der jeweiligen Jahressteuerbescheide.

2. Inwieweit sich aus den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs etwas anderes ergebe, könne hier auf sich beruhen, weil diese Grundsätze jedenfalls dann nicht gelten würden, wenn ein Bilanzansatz, der fortgeführt werden könnte – wie im Streitfall –, fehle. Dem entspreche es, dass die BFH-Entscheidungen, die sich für eine Nachholung ausgesprochen hätten, soweit ersichtlich, ausnahmslos zu Fällen ergangen seien, in denen das betreffende Wirtschaftsgut in der Bilanz angesetzt und nur die AfA entweder gar nicht (BFH, Urteil vom 15.12.1993, X R 102/92, BFH/NV 1994, 543, 545 f.) oder in unzutreffender Höhe berücksichtigt worden sei (so z.B. BFH, Urteil vom 26.6.1996, XI R 41/95, BStBl II 1996, 601).

 

Hinweis

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungskosten, vermindert um die AfA (§ 7 EStG), anzusetzen. Im Streitfall war erheblich, ob für ein Wirtschaftsgut, das nicht im Jahr der Anschaffung, sondern erst in einem späteren Jahr erstmals aktiviert wird, in diesem Zeitpunkt die vollen Anschaffungskosten aktiviert und mit der AfA auf die verbleibende Restnutzungsdauer verteilt werden können.

Die unterlassene Bilanzierung eines zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts hat allerdings keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung (vgl. BFH, Urteile vom 12.10.1977, I R 248/74, BStBl II 1978, 191 m.w.N.; vom 19.2.1991, VIII R 84/88, BFH/NV 1992, 161, 162). Die nachträgliche Aufnahme eines solchen Wirtschaftsguts in die Bilanz ist eine berichtigende Einbuchung; sie ist – mangels tatsächlicher Zuführung zum Betriebsvermögen – ebenso wenig eine Einlage wie – mangels Änderung der tatsächlichen Verwendung – die bilanzberichtigende Ausbuchung eine Entnahme ist.

Demgemäß bestimmt sich der Bilanzansatz für eine fehlerberichtigende Einbuchung bei unterlassener Aktivierung eines Wirtschaftsguts nach dem Wert, mit dem das bisher zu Unrecht nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde (BFH-Urteile in BStBl II 1978, 191, und, für den Fall erstmaliger Bilanzerstellung, vom 30.10. 1997, IV R 76/96, BFH/NV 1998, 578, 579).

Das erfordert für die Ermittlung des Einbuchungswerts eine "Schattenrechnung", d.h. die Absetzung der bisher unberücksichtigt gebliebenen AfA-Beträge von den Anschaffungskosten. Das BMF hat im Streitfall klargestellt, dass der Anweisung in R 44 Abs. 10 EStR nichts Gegenteiliges zu entnehmen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.10.2001, X R 153/97

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