BMF, 27.09.2000, IV A 4 - S 0062 - 5/00

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 15.7.1998 (BStBl 1998 I S. 630), geändert durch BMF-Schreiben vom 14.2.2000 (BStBl 2000 I S. 190), wie folgt geändert:

1. Nummer 6 Satz 2 der Regelung zu § 164 wird wie folgt gefasst:

„Fehlt ein derartiger Vermerk, bleibt der Vorbehalt bestehen (BFH-Urteil vom 14.9.1993, VIII R 9/93, BStBl 1995 II S. 2); dies gilt nicht, wenn die zu ändernde Festsetzung kraft Gesetzes unter Nachprüfungsvorbehalt steht (BFH-Urteil vom 2.12.1999, V R 19/99, BStBl 2000 II S. 284).”

2. In Nummer 5 der Regelung zu § 165 werden folgende Sätze angefügt:

„Wird eine vorläufige Steuerfestsetzung geändert, so ist in dem neuen Steuerbescheid zu vermerken, ob und inwieweit dieser weiterhin vorläufig ist oder für endgültig erklärt wird. Durch einen Vorläufigkeitsvermerk im Änderungsbescheid wird der Umfang der Vorläufigkeit neu bestimmt (BFH-Urteil vom 19.10.1999, IX R 23/98, BStBl 2000 II S. 282).”

3. Nummer 7 Satz 3 der Regelung zu § 168 wird wie folgt gefasst:

„Dies gilt nicht bei einer von einer USt-Jahreserklärung abweichenden Festsetzung; in diesen Fällen muss die Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung besonders angeordnet und im Bescheid vermerkt werden (BFH-Urteil vom 2.12.1999, BStBl 2000 II S. 284).”

4. Der Regelung vor §§ 172 bis 177 wird folgende neue Nummer angefügt:

„8. Ein steuerliches Wahlrecht liegt vor, wenn ein Steuergesetz für einen bestimmten Tatbestand – ausnahmsweise – mehr als eine Rechtsfolge vorsieht und es dem Steuerpflichtigen überlassen bleibt, sich für eine dieser Rechtsfolgen zu entscheiden. Übt der Steuerpflichtige dieses Wahlrecht nicht oder nicht wirksam aus, tritt die vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehene Rechtsfolge ein.

Die Ausübung des Wahlrechts („Antrag”) ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Soweit im Gesetz keine besondere Form (z.B. Schriftform oder amtlicher Vordruck; vgl. § 13 a Abs. 2 Satz 3, § 36 b Abs. 3 Satz 2 EStG, § 4 a Abs. 1 UStG) vorgeschrieben ist, kann das Wahlrecht auch durch schlüssiges Verhalten ausgeübt werden (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.1997, V R 50/94, BStBl 1998 II S. 420).

Setzt die Ausübung des Wahlrechts die Zustimmung des Finanzamtes oder Dritter (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) voraus, treten die Rechtswirkungen der vom Steuerpflichtigen getroffenen Wahl erst mit dieser Zustimmungserklärung ein. Dies gilt entsprechend, wenn das Wahlrecht von mehreren Steuerpflichtigen einheitlich ausgeübt werden muss (vgl. z.B. § 33 a Abs. 2 Satz 6, § 33 b Abs. 5 Satz 3 EStG).

Soweit das Gesetz im Einzelfall keine bestimmte Frist (vgl. z.B. § 5 a Abs. 3, § 36 b Abs. 4, § 46 Abs. 2 Nr. 8, § 50 Abs. 5 Nr. 3 Satz 4 EStG; § 23 Abs. 3 Satz 1 UStG) zur Ausübung des Wahlrechtes („Antragsfrist”) vorsieht, kann das Wahlrecht grundsätzlich bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist ausgeübt werden. Die Bestandskraft des Steuerbescheides, in dem sich das Wahlrecht auswirkt, schränkt allerdings die Wahlrechtsausübung ein (s.u.).

Umfang und Zeitpunkt des Eintritts der Bindungswirkung der Wahlrechtsausübung richten sich danach, ob der Gesetzgeber diesbezüglich ausdrückliche Regelungen getroffen hat (vgl. z.B. § 23 Abs. 3 Satz 1 UStG: Antrag bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung; siehe dazu Nr. 1). Sieht das Gesetz einen unwiderruflichen Antrag vor (vgl. z.B. § 5 a Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG), wird die Willenserklärung bereits mit ihrem Zugang beim FA wirksam und kann von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zurückgenommen oder widerrufen werden (vgl. BFH-Urteil vom 17.1.1995, IX R 37/91, BStBl 1995 II S. 410); Ausnahme: Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB. Anderenfalls richtet sich die Bindungswirkung der ausgeübten Wahl nach der Bestandskraft des Verwaltungsaktes, in dem sie sich ausgewirkt hat.

Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung können Wahlrechte grundsätzlich nur noch ausgeübt oder widerrufen werden, soweit die Steuerfestsetzung nach §§ 129, 164, 165, 172 ff. oder nach entsprechenden Regelungen in den Einzelsteuergesetzen (vgl. dazu Nr. 3) korrigiert werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 21.7.1989, III R 303/84, BStBl 1989 II S. 960, und vom 13.2.1997, BFH/NV 1997 S. 635); dabei sind §§ 177 und 351 Abs. 1 zu beachten (Ausnahme: unbeschränkte erneute Ausübung des Veranlagungswahlrechts nach § 26 EStG anlässlich einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung; vgl. BFH-Urteil vom 19.5.1999, XI R 97/94, BStBl 1999 II S. 762, undH 174 EStH). Die steuerrechtliche Wirkung von Wahlrechten, die nur bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden können, kann nach Eintritt dieses Zeitpunktes nicht nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a beseitigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1973, VIII R 101/69, BStBl 1974 II S. 319). Die Wahlrechtsausübung kann auch nicht durch einen Austausch gegen bisher nicht berücksichtigte Besteuerungsgrundlagen rückgängig gemacht werden; infolge der ...

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