BMF, 7.8.2017, IV A 3 - S 0062/17/10001

Bezug: TOP 11 und 20 der Sitzung AO I/2017;
  TOP 11 der Sitzung Bp II/2017;
  TOP 5, 11, 18.1, 18,2, 18.3, 18.4, 18.5 und 19 der Sitzung AO II/2017;
  BMF-Schreiben vom 3.4.2017 – IV A 3 – S 0550/15/10028 – DOK: 2017/0299862;
  BMF-Schreiben vom 12.6.2017 – IV A 3 – S 0133/12/10001 – DOK: 2017/0513776;
  BMF-Schreiben vom 16.6.2017 – IV A 3 – S 1910/16/10054-12 – DOK: 2017/0529046;
  TOP 3 der Sondersitzung AO I/2017

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 31.1.2014 (BStBl 2014 I S. 290), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 12.1.2017 (BStBl 2017 I S. 51) geändert worden ist, mit sofortiger Wirkung wie folgt geändert:

  1. Der AEAO vor §§ 8, 9 wird wie folgt gefasst:

    AEAO vor §§ 8, 9 – Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt

    1. Die Begriffe des Wohnsitzes (§ 8 AO) bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 9 AO) haben insbesondere Bedeutung für die persönliche Steuerpflicht natürlicher Personen (vgl. zu § 1 EStG, § 2 ErbStG) oder für familienbezogene Entlastungen (z.B. Realsplitting nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG). Sie sind auch maßgeblich, wenn die Familienkassen in eigener Zuständigkeit und ohne Bindung an die Beurteilung des Finanzamts im Besteuerungsverfahren die Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 63 Abs. 1 EStG prüfen (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 20.3.2013, XI R 37/11, BStBl 2014 II S. 831).

    2. Die Begriffe des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts stellen allein auf die tatsächlichen Verhältnisse ab (BFH-Urteil vom 10.11.1978, VI R 127/76, BStBl 1979 II S. 335).

    Zwischenstaatliche Vereinbarungen enthalten dagegen z.T. hiervon abweichende Fiktionen, die den, an die tatsächlichen Verhältnisse anknüpfenden allgemeinen Regelungen der §§ 8 und 9 AO vorgehen (z.B. Art. 13 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union vom 26.10.2012, Amtsblatt der Europäischen Union C 326 S. 266; Artikel X des NATO-Truppenstatuts i. V. m. Art. 68 Abs. 4, Art. 73 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut; Wiener Übereinkommen vom 18.4.1961 über diplomatische Beziehungen (WÜD, BGBl 1964 II S. 957) und vom 24.4.1963 über konsularische Beziehungen [WÜK, BGBl 1969 II S. 1585]); vgl. hierzu AEAO zu § 8, Nrn. 8 und 9. Andere Abkommen enthalten persönliche Steuerbefreiungen.

    Für deutsche Auslandsbedienstete gilt hinsichtlich der Frage der unbeschränkten Steuerpflicht die Sonderregelung des § 1 Abs. 2 EStG.

    Als unbeschränkt steuerpflichtig können auch solche natürlichen Personen behandelt werden, die die Kriterien des § 1 Abs. 3 EStG erfüllen. Damit ist teilweise auch die Höhe der Einkünfte Anknüpfungskriterium für den Umfang der Steuerpflicht (§ 1 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 EStG).

    Der Begriff der Ansässigkeit i.S.d. DBA ist allein auf deren Anwendung (insbesondere hinsichtlich der Abkommensberechtigung und der Zuteilung der Besteuerungsrechte) beschränkt und hat keine Auswirkung auf die persönliche Steuerpflicht. Die deutsche unbeschränkte Steuerpflicht besteht daher auch dann, wenn der Steuerpflichtige je eine Wohnung bzw. einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und im Ausland hat und nach dem anzuwendenden DBA im ausländischen Vertragsstaat ansässig ist (vgl. BFH-Urteil vom 4.6.1975, I R 250/73, BStBl 1975 II S. 708).

    3. Auch wenn ein Steuerpflichtiger im Inland keinen Wohnsitz mehr hat, kann er hier noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben.”

  2. Der AEAO zu § 8 wird wie folgt gefasst:

    „AEAO zu § 8 – Wohnsitz

    Inhaltsübersicht

    1. Allgemeines

    2. Wohnung

    3. Innehaben der Wohnung

    4. Nutzung zu Wohnzwecken

    5. Familienwohnsitz

    6. Wohnsitz bei Aufenthalt in einem anderen Staat

    7. NATO-Truppenstatut

    8. Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen und über konsularische Beziehungen

    9. Protokoll (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union (EU)

    1. Allgemeines

    1.1 Nach § 8 AO hat eine natürliche Person einen Wohnsitz dort, wo sie eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ob im Einzelfall eine solche Benutzung vorliegt, ist unter Würdigung der Gesamtumstände nach den Verhältnissen des jeweiligen Veranlagungszeitraums oder Anspruchszeitraums zu beurteilen; die tatsächliche Entwicklung der Verhältnisse in den Folgejahren ist nur zu berücksichtigen, soweit ihr Indizwirkung für die Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse im zurückliegenden Zeitraum zukommt (vgl. BFH-Urteil vom 23.6.2015, III R 38/14, BStBl 2016 II S. 102).

    1.2 Die bloße Absicht, einen Wohnsitz zu begründen oder aufzugeben, bzw. die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehörde entfalten allein keine unmittelbare steuerliche Wirkung (BFH-Urteil vom 14.11.1969, III R 95/68, BStBl 1970 II S. 153). Hat der Steuerpflichtige eine Wohnung inne, die nach objektiven Maßstäben dauerhaft genutzt und beibehalten werden soll, kommt einem etwaigen Willen des Steuerpflichtigen, an diesem Platz keinen Wohnsitz begründen oder...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge