Leitsatz

Soweit der Einspruch des Kindes gegen die Ablehnung der beantragten Abzweigung des Kindergelds an sich selbst erfolgreich ist, ist die Regelung über die Erstattung von Kosten im Vorverfahren gemäß § 77 EStG analog anwendbar.

 

Normenkette

§ 74 Abs. 1, § 77 EStG, § 63 SGB X

 

Sachverhalt

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten im Vorverfahren (§ 77 EStG). Sie hatte zunächst die Abzweigung des an ihren Vater für sie gezahlten Kindergelds beantragt und gegen die Ablehnung, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Einspruch eingelegt. Die Familienkasse gab dem Abzweigungsantrag zwar in vollem Umfang statt, lehnte aber zugleich die Erstattung der im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten ab. Der Einspruch der Klägerin dagegen hatte keinen Erfolg.

Das FG Münster (Urteil vom 18.7.2012, 12 K 3884/11 Kg, Haufe-Index 3267630, EFG 2012, 1945) gab der gegen die Versagung der Kostenerstattung erhobenen Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Familienkasse als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren der AO ist grundsätzlich nicht kostenpflichtig; Verwaltung und Stpfl. haben jeweils ihre eigenen Kosten zu tragen. Die Kosten des Vorverfahrens können jedoch nach § 139 FGO erstattet werden, wenn es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. Für das Kindergeld sieht § 77 EStG demgegenüber eine Erstattung von Kosten vor, "soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist". Das beruht darauf, dass das Kindergeldrecht bis 1995 im Sozialrecht geregelt war, das eine Kostenerstattung vorsieht.

2. Die Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG gehört nicht zum Festsetzungs‐, sondern zum Auszahlungsverfahren, das dem Erhebungsverfahren entspricht. § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG erlaubt daher nach seinem Wortlaut keine Kostenerstattung nach einem erfolgreichen Einspruch wegen Abzweigung. § 77 EStG ist indessen wegen planwidriger Lückenhaftigkeit des Gesetzes analog anzuwenden. Der BFH begründet dies ausführlich unter Hinweis auf die Gesetzeshistorie und den Willen des Gesetzgebers, eine Schlechterstellung gegenüber dem bis 1995 geltenden Recht zu vermeiden. Dies entspricht auch der überwiegenden Meinung im Schrifttum.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.6.2014 – III R 39/12

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