Seit dem 1.1.2019 gelten in Deutschland neue Regelungen für Gutscheine. Soweit aus einem Gutschein eine Leistung unmittelbar zu fordern ist, es sich also nicht nur um sog. Preisermäßigungs- oder Rabattgutscheine handelt, muss zwischen dem sog. Einzweckgutschein und dem Mehrzweckgutschein unterschieden werden. Diese beiden Formen von Gutscheinen führen zu grundsätzlich unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Ergebnissen:

  1. Einzweckgutschein[1]: Ein Einzweckgutschein liegt dann vor, wenn der Ort der Leistung (hier also z.B. Deutschland) schon bei Ausgabe des Gutscheins feststeht und sich aufgrund der Leistung die Höhe der Umsatzsteuer eindeutig ermitteln lässt. Liegt ein solcher Einzweckgutschein vor, entsteht die Umsatzsteuer schon bei Verkauf des Gutscheins und jeder weiteren Weiterveräußerung. Die tatsächliche Ausführung der Leistung – wenn also der Gutschein eingelöst wird – ist dann keiner Umsatzsteuer mehr zu unterwerfen.
  2. Mehrzweckgutschein[2]: Ein Mehrzweckgutschein liegt vor, wenn es sich um einen Gutschein handelt, der kein Einzweckgutschein ist, weil entweder der Ort der Leistung oder die sich aus der Leistung ergebende Umsatzsteuer bei Verkauf bzw. Ausgabe des Gutscheins nicht feststeht. In diesem Fall ist der Verkauf dieses Gutscheins nur ein Tausch von Geld in eine andere Form eines Zahlungsmittels und unterliegt keiner Umsatzsteuer. Erst wenn der Gutschein eingelöst wird, unterliegt die tatsächlich ausgeführte Leistung der Umsatzsteuer. Deshalb darf bei einem Verkauf eines Mehrzweckgutscheins noch keine Umsatzsteuer in einer Abrechnung gesondert ausgewiesen werden.

Diskutiert werden kann darüber, ob wegen des temporär abgesenkten Steuersatzes derzeit überhaupt ein Einzweck-Gutschein vorliegen kann, da sich in Abhängigkeit von der Einlösung eine Umsatzsteuer von 19 % oder 16 % (respektive 7 % oder 5 %) ergeben kann. Die Finanzverwaltung stellt in ihrem Anwendungsschreiben dazu fest, dass es für die Beurteilung als Einzweckgutschein auf den Moment der Ausgabe des Gutscheins ankommt. Soweit zu diesem Zeitpunkt die Steuer eindeutig ermittelbar ist, liegt ein Einzweckgutschein vor, die Einlösung ist dann irrelevant. Damit ist – obwohl es zu wirtschaftlich nachteiligen Situationen kommt und durchaus systematisch begründbar wäre – offensichtlich ausgeschlossen, dass ein in der Vergangenheit als Einzweckgutschein, der zu einem Steuersatz von 19 % (7 %) geführt hatte, bei Einlösung unter den Bedingungen des abgesenkten Steuersatzes zu einer analogen Anwendung der Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG führen kann. In diesem Zusammenhang zeigen sich die Mängel der systematisch unzureichend in das Gesamtgefüge des Umsatzsteuerrechts eingepassten Regelungen zu den Gutscheinen.

 
Praxis-Tipp

Mehrzweck-Gutscheine oder Einzweckgutscheine

Derzeit sollte in jedem Fall versucht werden (zumindest im Übergang zum abgesenkten Steuersatz zum 1.7.2020), Gutscheine als Mehrzweck-Gutscheine auszugestalten.

Insbesondere ergeben sich hier erhebliche Nachteile für den Gastronomiebereich. Wenn Gastronomen z.B. im Mai 2020 Gutscheine ausschließlich für Inhouse-Leistungen verkauft haben (dies wird dann wegen des zu diesem Zeitpunkt einheitlich anzuwendenden Regelsteuersatzes von 19 % von der Finanzverwaltung als Einzweckgutschein angesehen), musste zu diesem Zeitpunkt die Umsatzsteuer mit 19 % abgeführt werden (z.B. bei Verkauf eines solchen Gutscheins von 100 EUR eine Umsatzsteuer von rd. 16 EUR (dem Gastronomen verbleiben 84 EUR). Wenn dann der Gastronom dem Willen der Politik folgend, zum 1.7.2020 seine Angebotspreise reduziert (z.B. für Speisen dann auf enthaltene 5 % Umsatzsteuer) und der Gast in dieser Zeit den Gutschein für Speisen einsetzt, muss der Gastronom Leistungen für kalkulierte ca. 95 EUR Nettowert aufwenden, obwohl er ursprünglich nur 84 EUR erhalten hatte.

Bei verkauften Inhouse-Gutscheinen ab dem 1.7.2020 (bis 30.6.2021) liegen Mehrzweckgutscheine vor, da sowohl regelbesteuerte Getränke als auch ermäßigt besteuerte Speisen abgegeben werden können. Dies gilt entsprechend bei Gutscheinen, die sowohl für Inhouse-Leistungen als auch für Leistungen "to go" eingesetzt werden können (unabhängig vom Zeitpunkt der Ausgabe).

 
Wichtig

Vereinfachungsregelung bei Preiserstattungsgutscheinen

Für Preiserstattungsgutscheine, die lediglich die (nachträgliche) Ermäßigung eines gezahlten Kaufpreises ermöglichen, lässt die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen zu, dass bis zum 31.8.2020 eingereichte Gutscheine noch dem alten Steuersatz zugerechnet werden.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge