Kommentar

Als umweltpolitische Maßnahme ist zum 1.1.2020 der Steuersatz für die Personenbeförderung im Schienenbahnverkehr grundsätzlich auf 7 % abgesenkt worden. Umstellungsprobleme gibt es insbesondere bei schon 2019 verkauften Fahrausweisen, die aber erst zu Beförderungsleistungen in 2020 führen. Die Finanzverwaltung hat dazu eine Nichtbeanstandungsregelung veröffentlicht.

Die rechtliche Problematik

Um den öffentlichen Personenverkehr attraktiver zu machen, ist zum 1.1.2020 durch das Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht der Steuersatz für die Beförderung von Personen im innerdeutschen Schienenbahnverkehr auf 7 % abgesenkt worden.

Wichtig

Bis zum 31.12.2019 unterlag nur der Schienenbahnverkehr innerhalb einer Gemeinde bzw. bis zu 50 km dem ermäßigten Steuersatz.

Die Ermäßigung des Steuersatzes gilt grundsätzlich für alle ab dem 1.1.2020 ausgeführten Personenbeförderungsleistungen.[1] Sind Fahrausweise vor dem 1.1.2020 verkauft worden und bei Bezahlung dem Regelsteuersatz von 19 % unterworfen worden[2], ergibt sich – soweit die Leistung erst ab dem 1.1.2020 ausgeführt wird – eine Änderung der Steuerberechnung, wobei die Steuerberechnung erst in dem Voranmeldungszeitraum zu ändern ist, in dem die Leistung ausgeführt wird.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Das BMF nimmt zuerst grundsätzlich zu den Auswirkungen des ermäßigten Steuersatzes für alle nach dem 31.12.2019 ausgeführten Personenbeförderungen im Schienenbahnverkehr Stellung. Aus Vereinfachungsgründen ist für den Stichtag auf das Ende des letzten Betriebstags des Dezember 2019 abzustellen, da teilweise Fahrten, die am 31.12.2019 begannen, erst nach 24:00 Uhr endeten.

Zu den Einzelfragen nimmt die Finanzverwaltung wie folgt Stellung:

  • Einzelfahrkarten und Zeitfahrkarten, die nur bis Abschluss des Betriebstags 31.12.2019 gültig sind, unterliegen dem Regelsteuersatz von 19 %.
  • Einzelfahrkarten (z. B. auch Hin- und Rückfahrkarten) und Zeitfahrkarten, die vor dem 1.1.2020 mit dem Regelsteuersatz veräußert worden sind, sollen auch weiterhin dem Regelsteuersatz unterliegen, auch wenn die Leistung erst ab dem 1.1.2020 ausgeführt worden ist. Lediglich bei in monatlichen Raten zu entrichtenden Entgelten wird es "nicht beanstandet", dass die ab dem 1.1.2020 zu entrichtenden Raten mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert werden, wenn die Rechnungen entsprechend angepasst werden.
  • In besonderen Verfahren, bei denen das Buchungsdatum vom Ausdruckdatum abweicht (Bahn-Tix und Rail&Fly) wird auch bei Ausdruck des Fahrausweises ab dem 1.1.2020 bei Buchung bis 31.12.2019 der Regelsteuersatz ausgewiesen.
  • Grundsätzlich würde bei einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer von 19 % und Leistungserbringung ab dem 1.1.2020 ein unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG vorliegen, der dem Leistungsempfänger nur einen eingeschränkten Vorsteuerabzug ermöglicht.[3] Soweit aber eine Rechnungsberichtigung durch den leistenden Unternehmer nicht vorgenommen worden ist und auch keine Preisanpassung vorgenommen wurde, wird es aus Gründen der Praktikabilität nicht beanstandet, wenn der Leistungsempfänger den vollen Vorsteuerabzug weiterhin vornehmen kann.

Konsequenzen für die Praxis

Die Finanzverwaltung nimmt erfreulich zeitnah zu den Umstellungsproblemen bei der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes Stellung. Zum einen – und dies ist sinnvoll und notwendig – hat die Finanzverwaltung eine Nichtbeanstandungsregelung für den Vorsteuerabzug aus vor dem 1.1.2020 ausgestellten Fahrausweisen und Zeitkarten veröffentlicht. Soweit der leistende Unternehmer die ausgewiesene Umsatzsteuer mit 19 % als Anzahlung/Vorauszahlung angemeldet hat und keine Änderung vorgenommen hat, kann der Leistungsempfänger unter den weiteren Voraussetzungen den vollen Vorsteuerabzug vornehmen.

Zum anderen – und hier ist das BMF-Schreiben mehr als problematisch – suggeriert das BMF, dass aus Fahrscheinen und Zeitkarten, die vor dem 1.1.2020 ausgegeben worden sind, der Regelsteuersatz zwingend weiter anzuwenden ist.[4] Dies ist unzutreffend und insbesondere auch bei den Zeitkarten problematisch. Sonstige Leistungen, die über einen gewissen Zeitraum erbracht werden – wie dies bei Zeitkarten, aber auch der BahnCard 100 der Fall ist –, sind dann ausgeführt, wenn der Leistungszeitraum abgeschlossen ist.[5] Etwas anderes würde nur gelten, wenn zwischen den Vertragsparteien Teilleistungen vereinbart worden waren; dies wird aber regelmäßig nicht der Fall sein. Grundsätzlich sind die Leistungen damit erst dann ausgeführt, wenn der Leistungszeitraum abgeschlossen ist. Der leistende Unternehmer schuldet damit dann nur 7 % aus der Gesamtleistung. Grundsätzlich könnte er dies gegenüber dem Vertragspartner berichtigen und eine entsprechende Rückzahlung vornehmen. Zumindest ergeben sich weder systematische Gründe, weshalb es in diesen Fällen zwingend bei dem Regelsteuersatz bleiben soll, noch kann die Finanzverwaltung "anordnen", dass es bei dem Steuersatz von 19 % bleibt.

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