Rz. 209

Der erzielbare Betrag eines Vermögenswerts ist gem. IAS 36.6 als der höhere der beiden Beträge aus Nettoveräußerungswert (fair value less costs to sell) und Nutzungswert (value in use) definiert. Grundlage dieser Regelung ist, dass eine rational denkende und handelnde Unternehmensleitung grundsätzlich – wie Abbildung 4 zeigt – die wirtschaftlich vorteilhaftere Alternative aus Veräußerung und weiterer Nutzung des Vermögenswerts wählt (IAS 36.BCZ23).

Zur Ermittlung des erzielbaren Betrags sind die interne Unternehmensperspektive, die der Nutzungswert repräsentiert, und die externe Marktperspektive in Form des Nettoveräußerungswerts zu vergleichen.[1] Letzterer ergibt sich gem. IAS 36.6 aus dem beizulegenden Zeitwert (fair value) abzüglich Veräußerungskosten. Der Nutzungswert stellt dagegen den Barwert der voraussichtlichen zukünftigen Cashflows dar (IAS 36.6). Zur Bestimmung des Nutzungswerts sind die voraussichtlichen Cashflows aus Nutzung sowie Abgang des Vermögenswerts daher zu diskontieren.[2]

Abb. 4: Ermittlung des erzielbaren Betrags[3]

 

Rz. 210

Irrtümlicherweise könnte aus der Definitionen des Nettoveräußerungswerts geschlossen werden, dass sich der beizulegende Zeitwert nicht aus zukünftigen Cashflows ermitteln lässt. Doch etwa gem. IDW RS HFA 40 ist der Nutzungswert stets und der Nettoveräußerungswert häufig – aufgrund i. d. R. nicht vorhandener aktiver Märkte und vergleichbarer Transaktionen für das Bewertungsobjekt – mit einem Barwertkalkül zu ermitteln.[4] Während IDW RS HFA 16 erläuternde Informationen zur Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts und der Veräußerungskosten enthält.[5] verweist IDW RS HFA 40 diesbezüglich auf die Maßgeblichkeit der Regelungen des IFRS 13 (IAS 36.6).[6] Dabei ist für die Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts das DCF-Verfahren als kapitalwertorientiertes Verfahren nur eines von mehreren gleichwertigen Bewertungsverfahren.[7] Die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts erfolgt gemäß der fair value-Hierarchie des IFRS 13, nach der ein marktpreisorientiertes Verfahren vorrangig anzuwenden ist. Aufgrund i. d. R. nicht vorhandener aktiver Märkte und vergleichbarer Transaktionen für das Bewertungsobjekt findet das marktpreisorientierte Verfahren jedoch regelmäßig keine Anwendung.[8] Für die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts kann dann – der fair value-Hierarchie des IFRS 13 folgend und insbesondere bei zahlungsmittelgenerierenden Einheiten (ZGE) – auf aus Marktpreisen abgeleitete Werte oder schließlich auf ein kapitalwertorientiertes Verfahren (Barwertkalkül) zurückgegriffen werden.[9]

 

Rz. 211

An der Eignung des durchschnittlich gewichteten Kapitalkostensatzes (WACC) und der dahinterstehenden kapitalmarkttheoretischen Modelle besteht sowohl beim Nutzungswert als auch beim Nettoveräußerungswert aus Sicht des IDW kein Zweifel.[10] Für den Nutzungswert ergibt sich dabei aus IAS 36 die verpflichtende Angabe eines Vor-Steuer-Zinssatzes (IAS 36.51 i. V. m. IAS 36.55). Hingegen kann für den Nettoveräußerungswert neben dem Vor-Steuer- auch ein Nach-Steuer-Zinssatz im Anhang angegeben werden, wobei hier auf Berechnungskonsistenz mit den Cashflows zu achten ist (IFRS 13.B14 (d)). Entscheidend für den Nettoveräußerungswert ist die Objektivierung durch Marktdaten und die Berücksichtigung der Erwartungen des Marktes (IFRS 13.B10). Im Gegensatz zum Nutzungswert sind für die Ermittlung also die Erwartungen des Marktes über die zukünftig erwarteten Cashflows und das damit verbundene Risiko entscheidend. IAS 36.53A – welcher mit IFRS 13 neu eingeführt wurde – verdeutlicht nunmehr, dass im Rahmen der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts nachfolgende Faktoren – soweit diese repräsentativen Marktteilnehmern nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehen würden[11] – nicht berücksichtigt werden dürfen:

  • ein aus der Gruppierung von Vermögenswerten sich ergebender zusätzlicher Wert (beispielsweise die Bildung eines Portfolios von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien an unterschiedlichen Standorten),
  • Synergien zwischen dem zu bewertenden Vermögenswert und anderen Vermögenswerten,
  • Rechtsansprüche oder rechtliche Einschränkungen, die lediglich für den gegenwärtigen Eigentümer des Vermögenswerts gelten, oder
  • Steuervorteile oder Steuerbelastungen, die nur für den gegenwärtigen Eigentümer des Vermögenswerts bestehen.

Angesichts eines Basiszinssatzes von aktuell faktisch null Prozent hat der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft des IDW (FAUB) bereits im Oktober 2019 seine Kapitalkostenempfehlung angepasst und die Marktrisikoprämie von vormals 5,5 % bis 7,0 % auf jetzt 6,0 % und 8,0 % erhöht. Hierbei handelt es sich um einen Nach-Steuer-Zinssatz. Grundlage für diese Anhebung sind die beobachtbaren Gesamtrenditen bei vorsichtiger Gesamtwürdigung aller Analysen von nominal 7,0 % bis 9,0 %. Diese Einschätzung hat der FAUB vor dem Hintergrund der aktuellen Covid-19-Pandemie am 25.3.2020 explizit bestätigt. Die langfristige Ausrichtung der Ermittlung mit einem zukunftsorientie...

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