Rz. 129

Nutzungsdauer ist der Zeitraum, in dem das Wirtschaftsgut voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann.[1] Entscheidend ist damit nicht die übliche Nutzungsdauer, sondern die spezifisch für dieses Wirtschaftsgut bei diesem Einsatz geltende, die sog. betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Die Nutzungsdauer ist somit betriebsspezifisch, d. h., es ist auf die einzelnen Umstände der Nutzung dieses Wirtschaftsguts im jeweiligen Betrieb abzustellen, sodass eine durch den Betrieb eintretende besondere Beanspruchung, die die gewöhnliche Nutzungsdauer verkürzt, zu berücksichtigen ist.[2] Nutzungsdauer ist der Zeitraum, in dem das Wirtschaftsgut erfahrungsgemäß verwendet oder genutzt werden kann. Entscheidend ist nicht, wie lange der Stpfl. das Wirtschaftsgut in seinem Betrieb tatsächlich verwendet, sondern, wie lange das Wirtschaftsgut objektiv im Betrieb unter Berücksichtigung der betriebsspezifischen Beanspruchung genutzt werden kann.[3]

 

Rz. 130

Bei Wirtschaftsgütern der Überschusseinkünfte ist es der Zeitraum, in dem das Wirtschaftsgut nach seiner technischen und wirtschaftlichen Lebensdauer von dem Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften voraussichtlich eingesetzt werden kann. Hierbei sind die Zeiten mitzurechnen, in denen das Wirtschaftsgut nicht zur Erzielung von Einkünften gedient hat.[4] Die technische Nutzungsdauer umfasst den Zeitraum bis zum Verschleiß des Wirtschaftsguts. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer ist der Zeitraum, in dem das Wirtschaftsgut rentabel genutzt werden kann. Sie ist in der Regel kürzer als die technische Nutzungsdauer.

Ohne Einfluss ist es, ob der Steuerpflichtige die Absicht hat, das Wirtschaftsgut bereits vor seiner technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung wieder zu veräußern, oder wenn später mit seiner Beseitigung zu rechnen ist.[5]

Bei der Anschaffung von gebrauchten Wirtschaftsgütern ist die Restnutzungsdauer im Einzelfall entscheidend.[6]

Die Nutzungsdauer kann zu Beginn einer Nutzung nicht sicher festgestellt werden. Sie ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu schätzen. Hierbei ist grundsätzlich vom Ansatz des Steuerpflichtigen auszugehen, da er die Verhältnisse seines Betriebs am besten kennt. Das gilt aber nicht, wenn seine Schätzung offensichtlich außerhalb jedes Erfahrungswerts liegt. Erweist sich die Schätzung später als fehlerhaft, sind die Absetzungen vom Zeitpunkt der besseren Erkenntnis an aufgrund der Restnutzungsdauer neu zu ermitteln.

Allein eine Wertminderung des Wirtschaftsguts führt nicht zu einer Verkürzung der Nutzungsdauer. Hier kann der Steuerpflichtige aber ggf. eine Teilwertabschreibung vornehmen. Gleichwohl ist AfA auch möglich, wenn der Stpfl. trotz technischer Abnutzung keine Wertminderung erwartet.[7] Ein einheitliches Wirtschaftsgut kann nur einheitlich abgeschrieben werden.[8]

 

Rz. 131

Als Hilfsmittel für die Schätzung der Nutzungsdauer sind vom BMF amtliche AfA-Tabellen für allgemein verwendbare Wirtschaftsgüter sowie für verschiedene Branchen herausgegeben worden. Die Tabellen beruhen auf Erfahrungen der Finanzverwaltung im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung.

Die Tabellen dienen der Beweiserleichterung und der Verfahrensökonomie. Sie sind für die Finanzgerichte nicht verbindlich, haben aber aufgrund ihrer breiten Ermittlungsbasis zunächst die Vermutung der Richtigkeit.[9] Steuerpflichtige, die sich auf eine kürzere Nutzungsdauer berufen, müssen dies im Einzelnen begründen, um die Vermutung der Tabellen zu widerlegen.[10] Eine von der technischen Nutzungsdauer abweichende wirtschaftliche Nutzungsdauer kommt nur in Betracht, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich wertlos wird. Das ist nicht der Fall, wenn zur gewerblichen Nutzung bestimmte Kfz, die regelmäßig nach 2- bis 3-jähriger Nutzung zu einem die Hälfte der AK übersteigenden Preis veräußert werden. Sie können nicht in 3 Jahren abgeschrieben werden.[11] Die Tabellen sind aber dann nicht anzuwenden, wenn sie bereits im Regelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen.[12]

 

Rz. 132

Abweichend von der Schätzung ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer kraft Gesetzes festgelegt: zum einen für die Abschreibung eines Geschäfts- oder Firmenwerts,[13] zum anderen bei Gebäuden. Hier wird eine 33 1/3-, 40- oder 50-jährige Nutzungsdauer unterstellt.[14]

Per BMF-Schreiben wurde die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für digitale Wirtschaftsgüter auf ein Jahr festgelegt (Rz. 109a).

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