Rz. 93

Nach § 7 Abs. 1 und 4 EStG "ist" ("sind") die AfA bei Wirtschaftsgütern vorzunehmen, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, d. h., es besteht ein Abschreibungszwang zur Normal-AfA.[1] Dies gilt für die AfaA nur im Falle des Ausscheidens des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen oder bei völliger Nutzlosigkeit, ansonsten besteht ein Wahlrecht, ob AfaA in Anspruch genommen wird oder nicht.[2] Durch den Abschreibungszwang ergeben sich Probleme, wenn die AfA nicht, zu niedrig oder zu hoch vorgenommen worden ist.

 

Rz. 94

Durch die unzutreffende AfA sind der Buchwert des Wirtschaftsguts und sein Ansatz in der Bilanz unzutreffend. Eine Korrektur im Wege der Bilanzberichtigung ist aber nur noch zulässig, wenn die entsprechende Veranlagung noch nicht bestandskräftig ist oder nach den Änderungsvorschriften der AO noch geändert werden kann. Ansonsten muss die Berichtigung in der ersten noch offenen Schlussbilanz erfolgen.[3]

Ist AfA überhöht vorgenommen worden und verfahrensrechtlich nicht mehr änderbar, ist bei AfA nach § 7 Abs. 1, 2, 4 Satz 2 EStG der Restwert auf die Restnutzungsdauer zu verteilen, wenn sich der Fehler in den folgenden Jahren durch Ansatz des zutreffenden AfA-Satzes von selbst erledigt. Bemessungsgrundlage für die AfA sind die ungekürzten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, die auf die Restnutzungsdauer gleichmäßig zu verteilen sind.[4] In den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 EStG sind die dort vorgeschriebenen AfA-Sätze auf die bisherige Bemessungsgrundlage bis zur vollen Absetzung des noch vorhandenen Restbuchwerts anzuwenden, was zu einer Verkürzung der AfA-Dauer führt.[5]

 

Rz. 95

Ist AfA unterblieben, kann sie grundsätzlich nachgeholt werden, selbst wenn die AfA in den vorangegangenen Jahren bewusst zu niedrig angesetzt worden und damit der Restbuchwert zu hoch ist. Ist die AfA nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 4 Satz 2 EStG ganz oder teilweise unterblieben, kann sie auf die Weise nachgeholt werden, dass die noch nicht abgesetzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Buchwert) entsprechend der bei dem Wirtschaftsgut angewandten Absetzungsmethode auf die noch verbleibende Restnutzungsdauer verteilt werden.[6]

Die Nachholung folgt aus dem Grundsatz des Bilanzenzusammenhangs, gilt aber aus Gründen des Prinzips der Gesamtgewinngleichheit auch für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG[7] und für die Überschusseinkünfte.

Sind Aufwendungen für ein Wirtschaftsgut, die sofort abziehbare Betriebsausgaben waren, fehlerhaft als nachträgliche Anschaffungskosten aktiviert worden, müssen die zu Unrecht aktivierten Aufwendungen erfolgswirksam abgeschrieben werden[8]

Sind demgegenüber Anschaffungskosten als sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelt worden, ist in der ersten offenen Schlussbilanz eine Nachaktivierung erforderlich.[9]

 

Rz. 96

Bei AfA in den Fällen des § 7 Abs. 1, 2, 4 Satz 2 EStG ist der Restbuchwert auf die neu zu schätzende Restnutzungsdauer nach der bisherigen Absetzungsmethode, linear oder degressiv, zu verteilen.[10] Ist die AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG zu berechnen (die verbleibende Nutzungsdauer beträgt noch mindestens 25 Jahre), ist der AfA-Satz des § 7 Abs. 4 EStG mit der Folge anzusetzen, dass sich die Nutzungsdauer verlängert.[11]

Dies gilt dann nicht, wenn der Steuerpflichtige die Abschreibung bewusst unterlassen hat, um sich ungerechtfertigte und nicht nur geringfügige Steuervorteile zu verschaffen. In diesem Fall kann die AfA nicht nachgeholt werden.

Das Wirtschaftsgut ist unter Durchbrechung des Prinzips des Bilanzenzusammenhangs in der Eröffnungsbilanz erfolgsneutral mit dem Wert anzusetzen, mit dem es bei zutreffendem Ansatz der AfA stehen würde. Die nicht ausgenutzte AfA geht verloren.[12]

Die AfA kann ebenfalls nicht nachgeholt werden, wenn ein Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens rechtsirrig erst nach einiger Zeit erstmals bilanziert wird. Das Wirtschaftsgut muss mit dem Wert angesetzt werden, mit dem es bei zutreffender Bilanzierung stehen würde. Dabei kann nicht unterstellt werden, der Steuerpflichtige habe in der Vergangenheit Bewertungswahlrechte stets dahingehend ausgeübt, dass sie zu einem möglichst niedrigen Bilanzansatz führen. Die AfA für die vorangegangenen Jahre ist somit ebenfalls verloren.[13]

Die oben zitierte Rechtsprechung wird insgesamt für unzutreffend gehalten, da Fehler, die dem Stpfl. in einem bestandskräftigen Veranlagungszeitraum unterlaufen sind, grundsätzlich nicht korrigierbar seien.[14]

[2] BFH, Urteil v. 1.12.1992, IX R 333/87, BStBl 1994 II S. 12; Brandis, in Blümich, EStG, KStG, GewStG und Nebengesetze, § 7 EStG Rz. 395; Kulosa, in Schmid...

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