1. Abnahmeformen

  • Der Auftragnehmer kann die Abnahme seiner Werkleistung fordern, wenn die Leistung fertiggestellt, d. h. vollendet ist. Hierbei genügt es, wenn die Werkleistung im Wesentlichen vertragsgerecht ist, d. h. ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch zugeführt werden kann.
  • Im Rahmen eines VOB/B-Bauvertrags ist der Auftraggeber zur Abnahme innerhalb von 12 Werktagen nach entsprechender Aufforderung durch den Auftragnehmer verpflichtet. Ist keine förmliche Abnahme im Vertrag vereinbart und wird auch keine Abnahme von einer der Vertragsparteien verlangt, so gilt die Leistung mit dem Ablauf von 12 Werktagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung als abgenommen (§ 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B, "fiktive Abnahme"). Falls der Auftraggeber die Werkleistung oder einen Teil der Werkleistung benutzt hat, so gilt die Abnahme bereits nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt (§ 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B).
  • Die Abnahme gem. § 640 Abs. 1 BGB kann nur wegen wesentlicher Mängel verweigert werden.
  • Ob ein wesentlicher Mangel vorliegt, bestimmt sich danach, ob es dem Auftraggeber zumutbar ist, die Werkleistung abzunehmen und die hierdurch eintretenden Rechtsfolgen hinzunehmen (BGH, Urteil v. 26.2.1981, VII ZR 287/79, NJW 1981 S. 1448; OLG Hamm, Urteil v. 4.4.1990, 12 W 18/89, NJW-RR 1990 S. 917).
  • Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller nicht innerhalb einer vom Unternehmer bestimmten, angemessenen Frist abnimmt, obwohl das Werk fertiggestellt ist und der Besteller die Abnahme innerhalb dieser Frist nicht unter Angabe eines (wesentlichen, aber auch unwesentlichen) Mangels verweigert (§ 640 Abs. 2 BGB, "Abnahmefiktion"). Gegenüber einem Verbraucher treten die Rechtsfolgen der Abnahmefiktion nur ein, sofern der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme in Textform hingewiesen hat (§ 640 Abs. 2 Satz 2 BGB).
  • Die Abnahme ist für den Auftragnehmer von entscheidender Bedeutung. Hierdurch treten folgende Rechtsfolgen ein:

    Der Werklohnanspruch wird fällig.
    Die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der Verschlechterung des Werks geht auf den Auftraggeber über.
    Die Sach- und Preisgefahr geht auf den Auftraggeber über.
    Das Erfüllungsstadium endet und die Mängelrechte nach §§ 634 ff. BGB (bzw. § 13 VOB/B) sind anwendbar.
    Die Beweislast für Mängel liegt nach der Abnahme beim Auftraggeber (es sei denn, diese wurden im Abnahmeprotokoll vorbehalten).
    Die Verjährungsfrist für die Mängelrechte beginnt zu laufen.
    Eine etwa vereinbarte Vertragsstrafe wird verwirkt (es sei denn, sie wird im Abnahmeprotokoll vorbehalten).
    Es besteht nicht mehr die Möglichkeit, den Werkvertrag zu kündigen.
  • Auch nach Kündigung des Bauvertrags wird der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers in Bezug auf die von ihm erbrachten Werkleistungen nur mit Abnahme fällig (BGH, Urteil v. 11.5.2006, VII ZR 146/04, NJW 2006 S. 2475). Hierauf hat er nach § 8 Abs. 6 VOB/B auch einen Anspruch.

2. Abnahme durch schlüssiges Verhalten

Neben den dargestellten Formen der Abnahme gibt es noch die Abnahme durch schlüssiges Verhalten. Eine Abnahme des Auftraggebers durch schlüssiges Verhalten ist anzunehmen, wenn der Auftraggeber durch seine Handlungsweise zum Ausdruck bringt, dass er mit der Werkleistung des Auftragnehmers einverstanden ist. Dies kann beispielsweise dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass der Auftraggeber auf die Schlussrechnung des Auftragnehmers den ausgewiesenen Rechnungsbetrag vollständig ausgleicht, ohne dass irgendwelche Beanstandungen an der Werkleistung zum Ausdruck gebracht werden. Entsprechendes gilt selbstverständlich auch dann, wenn der Auftraggeber beispielsweise das Wohnhaus bezieht oder aber die sonstige Werkleistung nutzt, ohne irgendwelche Beanstandungen vorzubringen. Auch in diesem Fall wird man aus diesem Verhalten des Auftraggebers die Erklärung herauslesen müssen, dass er die Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgemäß akzeptiert, also durch schlüssiges Verhalten abnimmt.

3. Übersicht

Abnahmeformen
Tatsächliche Abnahme Fiktive Abnahme
Ausdrücklich geänderte Abnahme Förmliche Abnahme Stillschweigende Abnahme Voraussetzung: Voraussetzung: Voraussetzung:
  • Kein Abnahmeverlangen
  • Fertigstellungsmitteilung
  • Ablauf 12 Werktage nach Zugang der Fertigstellungsmitteilung
  • § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B
  • Kein Abnahmeverlangen
  • Inbenutzungnahme durch Auftraggeber
  • Ablauf 6 Werktage seit Inbenutzungnahme
  • Fertigstellung
  • Setzen einer angemessenen Frist zur Abnahme durch Auftragnehmer
  • Keine Abnahmeverweigerung durch Benennung eines Mangels
  • Fristablauf
  • Bei Verbraucher: Hinweis auf Rechtsfolge erforderlich!
  • § 640 Abs. 2 BGB

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