1.1 Was versteht man unter Agilität?

Die Unternehmen sind heute zunehmend gefragt, schnell und flexibel auf Kunden, Markt und neue Herausforderungen zu reagieren, das Schlagwort "Agilität" ist dann in aller Munde. Was bedeutet das, wie kommt man da hin? Auf welchen Werten und welchem Mindset beruht die selbstorganisierte Zusammenarbeit?

Agilität hat einen festen Platz in der agilen Softwareentwicklung. Das bekannteste Beispiel ist der SCRUM-Ansatz. Das sog. "agile Manifest der Softwareentwicklung"[1] ist eine Art Leitfaden für die Arbeitsweise. Die Grundlogik ist dabei, lange Planungszeiträume mit vielen Redundanzen während der Umsetzung zu vermeiden und schnellere Zyklen der Veränderung mit kurzfristigen Ergebnissen und ständiger Überprüfung am tatsächlichen Kundenwunsch zu etablieren.

In der Praxis versteht man unter agilem Arbeiten diese vier zentralen Aspekte:

  • Neben der Geschwindigkeit steht vor allem auch die Anpassungsfähigkeit im Fokus: Organisationen sollen so schnell und dynamisch auf Veränderungen reagieren und sich schnell an Veränderungen anpassen können.
  • Eine starke Kundenzentriertheit soll durch kurze Zyklen und Iterationen das Vorwärtsgehen in kleinen Schritten ermöglichen, punktuell und schnell auf Kundenwünsche zu reagieren.
  • Voraussetzung dafür ist eine agile und offene Haltung ("agiles Mindset"), die positiv zu Veränderungen eingestellt ist. Wesentlich ist dabei auch ein wertschätzender Umgang, der eine Begegnung auf Augenhöhe ermöglicht.

1.2 Wofür sich agile Methoden eignen

Agile Methoden werden bei offenen und komplexen Problemen eingesetzt, die in einer unsicheren Umwelt angesiedelt sind. Es handelt sich um so genannte dynamische Probleme. Die Zeit für die Problemlösung ist begrenzt und viel Wissen und Erfahrung werden benötigt. Das bekannteste Einsatzfeld ist die Softwareentwicklung, die in kurze Intervalle gegliedert wird, um zu lauffähigen Teilstücken zu gelangen. Diese Teilstücke werden dann sofort getestet. Es entsteht ein so genannter iterativ-inkrementeller Prozess mit kurzen Rückkopplungsschleifen.

Der agile Ansatz eignet sich aber auch für die Produktentwicklung und im Projektmanagement.

1.3 Von der Theorie in die Praxis: Agile Tools und Methoden

Agilität ist für viele Mitarbeiter zunächst abstrakt. Damit die Mitarbeiter agile Prinzipien und Werte leichter und besser verstehen, empfiehlt sich eine spielerische Annäherung. Dazu gibt es eine enorme Bandbreite an agilen Tools aus dem Methodenbaukasten und Einsatzfeldern, für unterschiedliche Anlässe und Bedürfnisse. Viele davon sind älter als die Idee vom agilen Arbeiten; sie wurden neu entdeckt, neu interpretiert oder modifiziert. Das Kano-Modell zum Beispiel wurde 1978 in Tokio von Noriaki Kano entwickelt und beschäftigt sich mit Kundenwünschen bei der Entwicklung von Produkten (siehe B1). Die Ruck Zuck-Methode basiert auf einer täglichen US-TV-Gameshow, die von 1988 an im deutschen Privatfernsehen zu sehen war.

Tools können reine "Warm-Ups" sein, also Lockerungsübungen, um gut in ein Meeting starten zu können. Einige Tools können gruppendynamische Prozesse in Gang setzen und sind als einfache, niederschwellige Coaching-Lösung im Kollegenkreis gedacht. Andere sind in der Anforderung so komplex und im Ablauf so kompliziert, dass sie einen sehr erfahrenen Moderator brauchen, um Ablauf und Regeln einer Gruppe verständlich zu machen.

 
Achtung

Tendenziöse Tools

Es gibt auch Tools, die tendenziös sind, weil sie zumeist durchschaubar plump versuchen eine Idee gegen eine andere auszuspielen. Das Führungsspiel zum Beispiel treibt das hierarchische Führungsmodell "Chef gibt Anweisungen, Angestellter führt aus" auf die Spitze, um es ad Absurdum zu führen.

Die Folge: Der Chef sieht in diesem Spiel ganz alt aus, weil in der Aufgabenstellung jeder einzelne in der Gruppe der Mitarbeiter gegenüber dem Vorgesetzten einen entscheidenden Vorteil, einen Vorsprung an Wissen hat. Selbstorganisierte Teams, so wird suggeriert, schlagen herkömmlich hierarchisch angeordnete Systeme. Aber auch das Führungsspiel hat einen blinden Fleck: Arbeitet der Chef mit seinen Leuten seit vielen Jahren vertrauensvoll zusammen und kennt sie alle beim Vornamen, funktioniert sein System mutmaßlich so gut wie das selbstorganisierte. Das klingt nicht fair. Aber, so könnte man argumentieren: Um starre Strukturen aufzubrechen, braucht es gelegentlich Tricks und den Wink mit dem Zaunpfahl, wie man früher, in der analogen Zeit, noch sagte.

Andere Tools sind vor allem für seine Erfinder interessant und einträglich, weil sie ein Geschäftsinteresse verfolgen: Um sie anzuwenden, braucht es Materialien, etwa ein Kartenspiel, das zuvor gekauft werden muss. Die Meinungen gehen auch hier auseinander: Die einen sagen: Netter Versuch, andere schwören drauf und sind ganz verrückt nach genau diesen Spielkarten.

Und dann gibt es schlicht banale bis einigermaßen ärgerliche Tools. Sie unterfordern alle Teilnehmer, die von einem beruflichen Treffen mit Kolleginnen und Kollegen etwas mehr erwarten als eine alberne Spiel-Adaption aus der Kindertagesstätte.

In unserer Übersicht stellen wi...

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