Leitsatz

1. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung eines Umsatzes gem. § 9 UStG kann jedenfalls bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung rückgängig gemacht werden.

2. Hatte der Unternehmer auf die Steuerfreiheit des Umsatzes dadurch verzichtet, dass er dem Leistungsempfänger den Umsatz unter gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte, kann er den Verzicht nur dadurch rückgängig machen, dass er dem Leistungsempfänger eine berichtigte Rechnung ohne Umsatzsteuer erteilt.

3. Die Rückgängigmachung wirkt auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes zurück. Der leistende Unternehmer schuldet jedoch die dem Leistungsempfänger in Rechnung gestellte, aber nicht mehr geschuldete Umsatzsteuer bis zur Rechnungsberichtigung nach § 14 Abs. 2 UStG.

 

Normenkette

§ 9 UStG 1980 , § 14 UStG 1980 , § 15 UStG 1980 , § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977

 

Sachverhalt

Der Rechtsstreit betrifft die Veräußerung eines Gesamtkomplexes Hotel, bestehend aus Hotel, Restaurant und privater Wohnung des Veräußerers. Während der Veräußerer in dem notariell beurkundeten Kaufvertrag (Ende 1988) zunächst insgesamt auf die Steuerbefreiung verzichtet hat, widerrief er diese Optionserklärung hinsichtlich des Wohnungsanteils im Folgejahr (1989) durch privatschriftliche Erklärung und nochmals 1999 durch notariellen Änderung des ursprünglichen Kaufvertrags.

Die Parteien streiten über die Wirkung des Widerrufs, vor allem im Hinblick auf die Rechtsfolgen des § 14 Abs. 2 UStG.

 

Entscheidung

Der BFH ist der Auffassung, dass der Veräußerer seine zunächst wirksame Option zur Steuerpflicht zurücknehmen konnte, und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt der Ausführung des Grundstücksumsatzes. Bis zur Berichtigung der ursprünglichen Rechnung (notarieller Kaufvertrag aus dem Jahr 1988) schulde der Veräußerer jedoch die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 2 UStG. Nicht entscheidungserheblich für das Streitjahr 1988 sei die Frage, ob die Berichtigung der Rechnung bereits in der privatschriftlichen Änderung 1989 oder erst durch die notarielle Änderung des Kaufvertrags im Jahr 1999 erfolgt sei.

Eine andere Wertung ergebe sich auch nicht dadurch, dass der Erwerber den Vorsteuerabzug rückwirkend trotz § 14 Abs. 2 UStG-Schuld des Veräußerers verliere.

 

Hinweis

Der BFH bestätigt seine aus dem Jahr 1996 stammende Rechtsprechung, dass auch bei Grundstückslieferumsätzen eine Teiloption möglich ist. Hat der Grundstücksveräußerer aber zunächst insgesamt zur Steuerpflicht optiert und widerruft er diese Option zum Teil, war bisher ungeklärt, welche Rechtsfolgen dieser Widerruf nach sich zieht.

Der BFH hat nunmehr klargestellt, dass der Widerruf auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Optionserklärung zurückwirkt, dass allerdings bis zu einer entsprechenden Rechnungsberichtigung eine nach § 14 Abs. 2 UStG-Schuld entsteht. Die Problematik dieser Entscheidung offenbart sich jedoch erst unter Einbeziehung der Vorsteuerabzugsberechtigung des Erwerbers. Dieser verliert nämlich den Vorsteuerabzug infolge der Wirkung des Widerrufs nicht erst im Zeitpunkt der Widerrufserklärung, sondern ebenfalls rückwirkend. Nach der neuen Rechtsprechung des BFH zur Vorsteuerabzugsberechtigung steht dem Erwerber der Vorsteuerabzug nur für die geschuldete Umsatzsteuer zu (vgl. insoweit auch Abschnitt 192 Abs. 6 UStR 2000).

Nach wie vor nicht geklärt ist, ob die Wirkungen des § 14 Abs. 2 UStG durch eine einfache privatschriftliche Vereinbarung der am Veräußerungsgeschäft beteiligten Parteien außer Kraft gesetzt werden kann oder ob erst die notarielle Vertragsänderung als ordnungsgemäße Rechnungsberichtigung gewertet werden kann. Der BFH hat diese Frage offen gelassen, da das Streitjahr alleine das Jahr der Veräußerung war.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.2.2001, V R 23/00

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