Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinszahlungen des Arbeitgebers auf ein vom Arbeitnehmer aufgenommenes Darlehen sind steuerpflichtiger Arbeitslohn

 

Leitsatz (amtlich)

Verpflichtet sich der Arbeitgeber gegenüber dem Darlehensgeber zur Zahlung von Zinsausgleichszahlungen, ist steuerpflichtiger Arbeitslohn anzunehmen. Für die Anwendung der Verwaltungsanweisung (Abschn. 31 Abs. 8 LStR 1993 bis 1996) ist kein Raum.

 

Normenkette

EStG §§ 8, 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches FG (Urteil vom 05.11.2003; Aktenzeichen 11 K 3108/01; EFG 2004, 1673)

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war als … beim B-e.V. (Arbeitgeber) angestellt und erzielte aus dieser Tätigkeit in den Streitjahren 1994 bis 1998 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Januar 1994 gewährte die X-Bank dem Kläger zum Kauf einer Eigentumswohnung ein Darlehen über 120 000 DM. Der jährliche Zinssatz belief sich auf 6,85 v.H. Im Oktober 1994 schloss der Arbeitgeber mit der X-Bank eine Zinsübernahmevereinbarung. Darin verpflichtete er sich gegenüber der X-Bank zur Zahlung von 0,85 v.H. Zinsen auf das genannte Darlehen rückwirkend ab Juli 1994. Die sog. Ausgleichszahlungen in Höhe von 358 DM sollten jeweils halbjährlich im Voraus entrichtet werden.

Im November 1994 schlossen der Kläger und die X-Bank einen geänderten Darlehensvertrag. Danach betrug der jährliche Zinssatz nur noch 6 v.H. Diese, ab Juli 1994 rückwirkend geltenden Kreditkonditionen wurden dem Kläger nur für die Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber eingeräumt. Von einer etwaigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses an sollte der ursprüngliche Darlehensvertrag fortbestehen.

Der Arbeitgeber behielt für die Ausgleichszahlungen keine Lohnsteuer ein. Nach einer bei ihm durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Einkommensteuerbescheide des Klägers für die Streitjahre gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und erhöhte die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 358 DM (1994) bzw. 716 DM (1995 bis 1998).

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1673 veröffentlichten Gründen statt.

Mit der Revision macht das FA im Wesentlichen geltend: Entgegen der Auffassung des FG handele es sich bei den Ausgleichszahlungen um Barlohn i.S. des § 8 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Abschn. 31 Abs. 8 der Lohnsteuer-Richtlinien a.F. --LStR a.F.-- (1993 bis 1996) komme deshalb nicht zur Anwendung. Darüber hinaus sei die Regelung auch ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die angegriffenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Ausgleichszahlungen sind steuerpflichtiger Arbeitslohn. Entgegen der Auffassung des FG liegen die Voraussetzungen für eine Steuerfreistellung nicht vor.

1. Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen.

Die Ausgleichsleistungen des Arbeitgebers stellen einen geldwerten Vorteil dar. Der geldwerte Vorteil wurde dem Kläger auch für eine Beschäftigung im privaten Dienst gewährt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) werden Vorteile "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Die berufliche Veranlassung liegt vor, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteil vom 23. Juni 2005 VI R 124/99, BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766, m.w.N.). Davon ist hier, wie zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitig ist, auszugehen.

2. Der Senat lässt dahinstehen, ob es sich bei den Zahlungen des Arbeitgebers um Barlohn oder um die Zuwendung eines geldwerten Vorteils i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG handelt. Denn der geldwerte Vorteil beträgt in jedem Fall 358 DM (1994) bzw. 716 DM (1995 bis 1998). Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 EStG sind unstreitig nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des FG kommt eine Steuerfreistellung der Ausgleichszahlungen als Sachlohn nicht in Betracht.

Zwar sind nach Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR a.F. Zinsvorteile (erst) anzunehmen, soweit der Effektivzins für ein Darlehen 6 v.H. unterschreitet. Es ist jedoch schon fraglich, ob nach dem Verständnis der Verwaltung diese Anweisung auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden ist. Denn die Regelung soll u.a. nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein Dritter dem Arbeitnehmer ein zinsverbilligtes Darlehen gewährt (Abschn. 31 Abs. 8 Satz 1 LStR a.F.). Von einem zinsverbilligten Darlehen kann im Streitfall zumindest bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht ausgegangen werden. Denn im Ergebnis erzielt die X-Bank unter Einbeziehung der Ausgleichszahlungen einen marktüblichen Zins von 6,85 v.H.

Es kommt hinzu, dass im Streitfall "Vereinfachungsgründe" (vgl. Abschn. 31 Abs. 8 Satz 1 LStR a.F.) die Anwendung der genannten Verwaltungsanweisung nicht rechtfertigen. Denn die Ermittlung des Zinsvorteils und damit die Bewertung i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG bereitet hier keine Schwierigkeiten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1580658

BFH/NV 2006, 2161

BStBl II 2006, 914

BFHE 214, 95

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