Leitsatz

1. Veräußert der Alleingesellschafter-Geschäftsführer ein von ihm erworbenes unaufgeteiltes Mehrfamilienhaus an "seine GmbH", die er zur Aufteilung bevollmächtigt und die die entstandenen vier Eigentumswohnungen noch im selben Jahr an verschiedene Erwerber veräußert, so können die Aktivitäten der GmbH nur dem Anteilseigner zugerechnet werden, wenn die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs vorliegen.

2. Für einen Gestaltungsmissbrauch kann insbesondere neben weiteren Umständen sprechen, dass die Mittel für den an den Anteilseigner zu entrichtenden Kaufpreis zu einem erheblichen Teil erst aus den Weiterverkaufserlösen zu erbringen sind.

 

Normenkette

§ 42 Abs. 1 AO , § 2 Abs. 1 EStG , § 15 Abs. 2 EStG , § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war in den Streitjahren 1992 und 1994 Alleingesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A Immobilien- und Verwaltungs-GmbH. In den Jahren 1989 und 1992 hatte der Kläger mehrere Grundstücke erworben. Das für 250.000 DM im Jahr 1991 erworbene Mietwohngrundstück (X-Weg) veräußerte er am 26.5.1994 für 1 Mio. DM an die GmbH (Käufer).

Nach Ziffer V des Vertrags bevollmächtigte der Verkäufer den Käufer, das verkaufte Objekt in vier Eigentumswohnungen aufzuteilen und die Eigentumswohnungen im eigenen Namen zu veräußern. Besitz, Nutzen und Lasten sowie Gefahr gingen zum 1.6.1994 auf den Käufer über.

Die Auflassung sollte aber erst erfolgen, wenn das Objekt in Eigentumswohnungen aufgeteilt sei, und zwar dann jeweils für jede Eigentumswohnung im Rahmen des Weiterverkaufs. Zur Sicherung des Eigentumserwerbs bewilligte der Verkäufer und beantragte der Käufer die Eintragung einer Auflassungsvormerkung. Der Antrag auf Eintragung war vom Notar jedoch erst nach schriftlicher Aufforderung durch die GmbH zu stellen.

Den Kaufpreis in Höhe von rund 380.000 DM erbrachte die GmbH durch Übernahme der im Grundbuch bestehenden Belastungen. Der restliche Kaufpreis in Höhe von 620.000 DM war aus den jeweiligen Erlösen der zu veräußernden Eigentumswohnungen zu tilgen. Dabei sollte der GmbH jeweils vorab 1/6, höchstens jedoch ein Betrag von 50.000 DM des Veräußerungserlöses zustehen, der restliche Betrag jeweils dem Kläger.

Zur Sicherung trat die GmbH "schon jetzt" die künftigen Ansprüche auf Zahlung der Kaufpreise an den Kläger bis zum Höchstbetrag von 620.000 DM, abzüglich des Vorabbetrags von 1/6 je Eigentumswohnung, ab.

Die GmbH hatte den restlichen Kaufpreis bis zum 31.5.1995 mit 7 %/Jahr zu verzinsen, ab 1.6.1995 mit 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank.

Mit notarieller Erklärung vom 31.5.1994 gab der Kläger als Geschäftsführer der GmbH die notwendigen Erklärungen zur Begründung von Wohnungseigentum gem. § 8 WEG ab.

Die GmbH veräußerte die vier Eigentumswohnungen im Zeitraum zwischen Juni und Oktober 1994 für insgesamt 1.268.500 DM an vier verschiedene Erwerber.

Das FA rechnete die vier Veräußerungen dem Kläger zu, da die Zwischenschaltung der GmbH ein Scheingeschäft (§ 41 AO) sei oder jedenfalls einen Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) darstelle, so dass der Kläger die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels erfüllt habe.

Dementsprechend erfasste das FA die laufenden Einkünfte aus der Vermietung als gewerbliche Einkünfte und berücksichtigte 1994 einen gewerblichen, laufenden Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der vier Eigentumswohnungen und erließ zugleich gegen den Kläger einen Gewerbesteuermessbescheid.

Klage und Revision waren nicht erfolgreich.

 

Entscheidung

Zutreffend hätten FA und FG die Veräußerungen der Eigentumswohnungen durch die GmbH dem Kläger zugerechnet. Die Einschaltung der GmbH sei rechtsmissbräuchlich gewesen.

 

Hinweis

Grundsätzlich sind Geschäfte der Kapitalgesellschaft nicht dem Anteilseigner als eigene Geschäfte zuzurechnen, auch wenn dieser alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist. Denn es steht dem Steuerpflichtigen frei, ob er seine steuererheblichen Aktivitäten als Einzel-, Mitunternehmer oder durch eine Kapitalgesellschaft, an der er beteiligt ist, ausübt. § 42 AO ist daher allein wegen der Einschaltung einer Kapitalgesellschaft nicht anwendbar.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer entfaltet durch seine Tätigkeit in der GmbH auch keine eigene Unternehmerinitiative, sondern handelt als Organ der Kapitalgesellschaft. Die Vermögenssphären werden allein nach den Grundsätzen über vGA gegeneinander abgegrenzt.

Hiervon gibt es jedoch dann eine Ausnahme, wenn die Einschaltung der GmbH bei einzelnen Geschäften mangels wirtschaftlich vernünftiger Gründe nicht nachvollziehbar und daher rechtsmissbräuchlich ist. Hiervon ist nach diesem Urteil auszugehen, wenn die GmbH zwar absprachegemäß Merkmale des steuerbaren Tatbestands verwirklicht, der Gesellschafter aber selbst über die Gestaltung und Ausführung des Gesamtplans den Geschehensablauf beherrscht und hierdurch der ganz überwiegende Teil des Veräußerungsgewinns in die nicht steuerbare Sphäre des Anteilseigners verlagert wird. In diesen Fällen können einzelne G...

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