Leitsatz

1. Nach dem BlnZwStG gilt sowohl für die Erst- oder Hauptwohnung als auch für die Zweit- oder Nebenwohnung der melderechtliche Wohnungsbegriff. Die Zweitwohnungsteuerpflicht ist nicht auf Inhaber einer Erstwohnung mit eigener Verfügungsbefugnis beschränkt.

2. Der Einbeziehung von Wohnungen in die Zweitwohnungsteuer, die aus Gründen der Ausbildung bewohnt werden, steht der Charakter der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a S. 1 GG nicht entgegen.

 

Normenkette

§ 1, § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 bis 6, § 4 Abs. 2 S. 2, § 5 Abs. 1 S. 1 BlnZwStG, § 16 S. 1, § 17 Abs. 1 BlnMeldeG, Art. 105 Abs. 2a S. 1 GG

 

Sachverhalt

Der Kläger bewohnte 2001 bis 2003 studienbedingt ein Zimmer in einem Studentenwohnheim in Berlin und war dort mit dem Nebenwohnsitz gemeldet. Mit dem Hauptwohnsitz war er in der elterlichen Wohnung in K gemeldet, wo ihm sein ehemaliges Kinderzimmer zur Verfügung stand.

Das FA setzte gegen den Kläger Zweitwohnungsteuer für 2001 i.H.v. 44,99 EUR und für 2002 und 2003 i.H.v. jeweils 45,43 EUR fest. Dabei legte es eine vom Kläger zu zahlende jährliche Kaltmiete von 1 777,32 DM zugrunde.

Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger Klage vor dem FG, welches die Zweitwohnungsteuer aufgrund einer Neuberechnung der vom Kläger zu zahlenden Nettokaltmiete für 2001 auf 42,71 EUR und für 2002 auf 44,85 EUR festsetzte, im Übrigen aber die Klage abwies (FG Berlin-Brandenburg vom 27.11.2007, 14 K 10476/02 B, Haufe-Index 1917611, EFG 2008, 578). Der Kläger habe in Berlin eine Zweitwohnung innegehabt. Das BlnZwStG knüpfe allein an das Innehaben einer Zweitwohnung und nicht an das Innehaben zweier Wohnungen an. Der Zweitwohnungsteuer unterlägen daher auch Inhaber von Zweitwohnungen, die ihre überwiegend genutzte Hauptwohnung mangels Verfügungsbefugnis nicht innehätten.

 

Entscheidung

Der BFH setzte auf die Revision des Klägers zwar die Zweitwohnungsteuer für 2002 und 2003 auf den für 2001 festgestellten Wert herab, weil das FG § 4 Abs. 2 S. 2 BlnZwStG nicht beachtet hatte. Materiell folgte er aber dem FG und wies deshalb die Revision im Übrigen als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Gegenstand der Berliner Zweitwohnungsteuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung in Berlin, § 1 BlnZwStG. Zweitwohnung ist dabei nach § 2 Abs. 1 S. 1 BlnZwStG jede Wohnung i.S.d. § 2 Abs. 3 und 4 BlnZwStG, die dem Hauptmieter als Nebenwohnung i.S.d. BlnMeldeG dient. Schon alleine daraus ergibt sich, dass für die Zweitwohnungsteuerpflicht alleine der melderechtlichen Wohnungsbegriff maßgeblich ist.

a) Da § 2 Abs. 5 BlnZwStG, wo der Begriff der Nebenwohnung angesprochen ist, auf § 16 S. 1 BlnMeldeG verweist, wonach Wohnung jeder umschlossene Raum ist, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird, ist vom Vorliegen einer Nebenwohnung auszugehen, wenn ein entsprechender Raum einer mit Nebenwohnung gemeldeten Person i.S.d. § 16 BlnMeldeG zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs dient.

b) Für die dem entgegenstehende Auffassung, eine Zweitwohnungsteuerpflicht bestehe nur für Inhaber einer Erstwohnung mit eigener Verfügungsbefugnis, ist danach kein Raum, denn auch für die Erst- oder Hauptwohnung gilt der melderechtliche Wohnungsbegriff des § 16 BlnMeldeG. Folglich ist sowohl für die Erst- oder Hauptwohnung als auch für die Zweit- oder Nebenwohnung derselbe Wohnungsbegriff maßgeblich (vgl. bereits BFH, Beschluss vom 01.10.2008, II B 16/08, BFH/NV 2009, 53) und ergibt sich auch aus § 2 Abs. 3 und 4 BlnZwStG nichts anderes.

2. Dem steht auch Art. 105 Abs. 2a S. 1 GG nicht entgegen, denn die Zweitwohnungsteuer ist als Aufwandsteuer eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt. Insoweit ist das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf neben der Erstwohnung nach gefestigter BFH-Rechtsprechung ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und i.d.R. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Deshalb ist es auch unerheblich, ob der Inhaber einer Zweitwohnung verfügungsberechtigter Inhaber der Erstwohnung ist, weil es allein darauf ankommt, dass bereits mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird. Da die Zweitwohnungsteuer keine "Luxussteuer" ist, können auch solche Zweitwohnungen in die Besteuerung einbezogen werden, die aus Gründen der Ausbildung bewohnt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.02.2010 – II R 5/08

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