Leitsatz

Die Einräumung von Liegerechten zur Einbringung von Urnen unter Begräbnisbäumen ist gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG als Vermietung von Grundstücken umsatzsteuerfrei, wenn dabei räumlich abgrenzbare, individualisierte Parzellen zur Nutzung unter Ausschluss Dritter überlassen werden.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, § 119 Abs. 1, § 132, § 164 Abs. 2, § 172 Abs. 1 AO, Art. 135 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Eigentümer eines als Urnenbegräbniswald "X" bezeichneten Grundstücks. Die Friedhofsordnung der Gemeinde C (Gemeinde) regelt in § 2, dass der Friedhof in privatrechtlicher Form durch den jeweiligen Grundstückseigentümer oder eine Gesellschaft betrieben werden sollte. Aufgrund eines Vertrags vom Juli 2009 mit der Gemeinde räumte der Kläger der Gemeinde eine persönliche Dienstbarkeit ein, wonach die Gemeinde berechtigt war, die Grundstücksfläche des Begräbniswaldes als Friedhof zu nutzen. Der Kläger übernahm vertraglich die Einrichtung und den Betrieb des Friedhofs. Gemäß § 3 des Vertrags sollte der Kläger den Nutzungsberechtigten das Recht zur Beisetzung durch privatrechtlichen Vertrag einräumen. Mit dem Vertrag erkannte der Nutzungsberechtigte die Friedhofssatzung der Gemeinde an. Der Kläger räumte Interessenten sog. Liegerechte an einem Familien- oder Gruppenbaum ein, d.h. ein oder mehrere Nutzungsrechte zur Beisetzung der Asche mit anschließender Liegezeit für Zeiträume von 20 bis 99 Jahren. Die Bäume und Parzellen, an denen solche Rechte erworben werden konnten, waren geografhisch eingemessen und abgegrenzt und mit einer Nummerierung (Beschilderung) versehen. Zudem erhielt der Kläger den Wald und die Wege, hielt Parkplätze vor und stellte auf dem Gelände einige Bänke zum Zwecke der Andacht auf. In Erfüllung einer gegenüber der Gemeinde bestehenden Verpflichtung führte der Kläger zudem eine Ruhestätten-Datenbank, die dazu diente, ein zweites elektronisches Register vorzuhalten, falls das Register der Gemeinde abhandenkommen sollte. Grabpflegeleistungen führte der Kläger nicht aus. Beim Erwerb des Liegerechts erhielten die Erwerber eine Verleihungsurkunde, die den Kunden den Erwerb unter konkreter Bezeichnung einer Baumnummer/Grabstätte und Grabart bestätigte. Das FA ging davon aus, dass es sich bei der Vergabe von Liegerechten und der Durchführung von Bestattungsleistungen um eine einheitliche umsatzsteuerpflichtige Leistung handele und änderte die USt-Bescheide für die Streitjahre (2009 und 2010) entsprechend. Demgegenüber gab das FG der Klage nach erfolglosem Einspruchsverfahren statt (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 21.11.2016, 4 K 36/14, Haufe-Index 10148945, EFG 2017, 246).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Das FG habe zu Recht entschieden, dass es sich bei der Einräumung von Liegerechten um steuerfreie Vermietungsleistungen gehandelt habe.

 

Hinweis

1. Steuerfrei ist gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG die VuV von Grundstücken. Die steuerfreie Grundstücksvermietung erfordert, dass dem Vertragspartner gegen Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück in Besitz zu nehmen und andere von ihm auszuschließen.

2. Bei einem Grabstättennutzungsrecht handelt es sich um ein Sondernutzungsrecht, das darin besteht, die Grabstätte für die Bestattung, Grabanlage und Errichtung eines Grabmals oder anderer Grabeinrichtungen unter Ausschluss Dritter zu nutzen.

Für eine steuerfreie Vermietung reicht es dabei aus, dass ein Grundstücksteil im Sinne eines räumlich abgegrenzten Teils der Erdoberfläche Gegenstand der Nutzungsüberlassung ist. Dabei kann es sich um eine geografisch eingemessene, räumlich abgrenzbare und mit einer Nummerierung individualisierte Parzelle zur Einbringung von Urnen handeln. Eine Nutzung durch Dritte ist dann ausgeschlossen.

Leistungsbestandteile wie etwa die Information über freie Grabstätten, Instandhaltung des Waldes und der Wege, Bereitstellung von Bänken sind dabei aber nur Nebenleistungen zur Vermietung anzusehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.6.2017 – V R 3/17

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