Leitsatz

Beschafft der einen Hotelservice anbietende Unternehmer im eigenen Namen, jedoch für Rechnung des ihn jeweils beauftragenden Hotelgastes Eintrittskarten, die zum Besuch einer Oper berechtigen, liegt eine Besorgungsleistung i.S. von § 3 Abs. 11 UStG vor, die steuerfrei ist, wenn die Umsätze der Oper der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG unterliegen.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 11, § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG, Art. 28 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Eine GbR besorgte Eintrittskarten für Veranstaltungen einer Oper. Sie bestellte im Kundenauftrag die gewünschten Eintrittskarten in eigenem Namen, aber auf Rechnung des Kunden. Die Vergütung der GbR umfasste den Preis der Eintrittskarten und ein variab­les Entgelt für den Aufwand der GbR. Bei Stornierung des Besorgungsauftrags nach Ankauf der Eintrittskarte hatte der Kunde die Kosten zu tragen.

Die GbR sah ihre Umsätze insoweit als steuerfrei an. Das FA unterwarf die Umsätze dem ermäßigten Steuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG). Der Einspruch blieb erfolglos.

Das FG (Sächsisches FG, Urteil vom 9.6.2016, 8 K 337/16, Haufe-Index 10034438, EFG 2017, 158) gab der Klage statt. Es liege eine Dienstleistungskommission i.S.d. § 3 Abs. 11 UStG vor. Die mit der Leistung der Oper identische Leistung der GbR an ihren jeweiligen Auftraggeber unterliege der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG. Diese Vorschrift definiere kein personenbezogenes Merkmal, das die Wirkung der Fiktion des § 3 Abs. 11 UStG, die auch in der Anwendung von Steuerbefreiungsvorschriften liege, beschränken könne.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Er entschied, § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 und Buchst. b UStG wiesen im Verhältnis zu anderen Befreiungen jedenfalls keine Besonderheiten auf, die es rechtfertigen könnten, sie vom Anwendungsbereich des § 3 Abs. 11 UStG auszunehmen.

 

Hinweis

1. Handelt ein Unternehmer bei der Ausführung oder beim Bezug einer Leistung zwar in eigenem Namen, aber auf fremde Rechnung (Kommissionsgeschäft), verdoppeln sich die Leistungsbeziehungen: Die Leistung gilt als an ihn und von ihm erbracht (§ 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG).

2. Zu Folgeproblemen führt dies, wenn Gegenstand des Kommissionsgeschäfts eine steuerfreie Leistung ist, bei der die Steuerbefreiung nicht (nur) von sachlichen, sondern auch von persönlichen Voraussetzungen abhängig ist. Geht die Steuerbefreiung in der Leistungskette verloren, wenn der Kommissionär die persönlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung nicht in eigener Person erfüllt? Die Finanzverwaltung steht insoweit auf dem Standpunkt, personenbezogene Merkmale seien gesondert zu beurteilen (Abschnitt 3.15 Abs. 3 UStAE; vgl. auch Lippross, Umsatzsteuer, S. 247 unter c; Martin in Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rz. 737; Michl in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3 Rz. 203; Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 Rz. 2791; a.A. zu Steuerbefreiungen Stadie, UStG, § 3 Rz. 191).

3. Der BFH hat allerdings bereits beim Leistungsort in Bezug auf die Ansässigkeit keine gesonderte Beurteilung vorgenommen (vgl. BFH, Urteil vom 2.3.2006, V R 25/03, BFH/NV 2006, 1765, BStBl II 2006, 788, Rz. 26).

4. Anders ist es auch bei Steuerbefreiungen: Wenn die Erbringung von Dienstleistungen, bei der der Kommissionär hinzutritt, von der Umsatzsteuer befreit ist, gilt die Steuerbefreiung auch im Rechtsverhältnis zwischen Kommittent und Kommissionär (vgl. EuGH, Urteil vom 14.7.2011, C-464/10, État belge / Pierre Henfling, Raphaël Davin und Koenraad Tanghe, EU:C:2011:489, BFH/NV 2011, 1643, Rz. 36, BFH/PR 2011, 345). Das bedeutet: Wenn z.B. ein Unternehmer für Hotelgäste Eintrittskarten für eine umsatzsteuerfreie Opernaufführung besorgt, gilt – weil die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 20 UStG nur dem Veranstalter zusteht (vgl. BFH, Urteil vom 3.6.2009, XI R 34/08, BFH/NV 2009, 2062, BFH/PR 2010, 15, BStBl II 2010, 857; BFH, Urteil vom 21.11.2013, V R 33/10, BFH/NV 2014, 800, Rzn. 17 ff., BFH/PR 2014, 203) – über § 3 Abs. 11 UStG der Kommissionär als Veranstalter (Fiktion).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.4.2018 – XI R 16/16

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