Leitsatz

Für die Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG ist allein entscheidend, ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Ob Kindergeld tatsächlich gezahlt worden ist, ist ohne Bedeutung.

 

Normenkette

§ 31, § 32, § 36 Abs. 2, § 62, § 66 Abs. 3, § 67 EStG, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte kein Kindergeld beantragt und wollte dies nicht, weil in seinem Fall die Kinderfreibeträge günstiger waren und ihm das zusätzliche Verfahren unzweckmäßig erschien. Während des FG-Verfahrens (FG Düsseldorf, Urteil vom 21.1.2010, 14 K 2364/08 E, Haufe-Index 2300180, EFG 2010, 650) verjährte schließlich der Anspruch auf Kindergeld.

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers, der sich gegen die Hinzurechnung des von ihm nicht geltend gemachten Kindergeldanspruchs wandte, hatte keinen Erfolg. Der BFH hielt es für unerheblich, dass für die Kindergeldansprüche während des FG-Verfahrens Festsetzungsverjährung eingetreten war, weil für die Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG allein der im einkommensteuerrechtlichen VZ zeitgleich abstrakt bestehende Kindergeldanspruch maßgebend ist.

 

Hinweis

1. Bis einschließlich des VZ 2003 waren nach § 31 Satz 4 EStG a.F. die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG abzuziehen, wenn die gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt wurde; in diesem Fall war das gezahlte Kindergeld oder vergleichbare (gezahlte) Leistungen nach § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG zu verrechnen. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung stellt § 31 Satz 4 EStG ab 2004 nicht mehr auf die Kindergeldzahlung, sondern auf den Kindergeldanspruch ab. Wegen der vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollten Abkoppelung der Steuerfestsetzung von der Kindergeldzahlung ist unerheblich, ob der Anspruch tatsächlich durch Zahlung erfüllt worden ist.

2. Die Berücksichtigung kindbedingten Aufwands durch die Kombination von Kindergeld und Kinderfreibetrag im Einkommensteuerrecht ist gewiss nicht die beste der denkbaren Lösungen. Vor 2004 konnte zwar der Steuerpflichtige, weil nur gezahltes Kindergeld hinzuzurechnen war, letztlich wählen, ob er auf den Anspruch auf Auszahlung von Kindergeld verzichtet und nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG geltend machen will. Dies ist nach der Neuregelung nicht mehr möglich. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf ein Wahlrecht zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag besteht nicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.9.2012 – V R 59/10

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