Leitsatz

1. Ein für den Erwerb eines GmbH-Anteils im Rahmen einer Kapitalerhöhung gezahltes Aufgeld (Agio) ist ausschließlich dem neu erworbenen Anteil als Anschaffungskosten zuzuordnen; es handelt sich nicht (auch) um nachträgliche Anschaffungskosten auf die bereits vorher bestehende Beteiligung.

2. Das gilt auch dann, wenn die Summe aus dem Nennbetrag des neuen Anteils und des Aufgelds den Verkehrswert des neuen Anteils übersteigt. Das Aufgeld ist in Höhe des "Überpreises" keine verdeckte Einlage.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 4, § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1977

 

Sachverhalt

Die E war zum 31.12.1993 mit Geschäftsanteilen von nominal rd. 1,5 Mio.  DM an einer GmbH beteiligt, deren Stammkapital sich auf rd. 52 Mio.  DM belief. Von den Anteilen der E waren zu diesem Zeitpunkt 52,87 % – das entspricht Geschäftsanteilen im Betrag von nominal rd. 800 000 DM – als sog. einbringungsgeborene Anteile gem. § 21 UmwStG 1977 steuerverstrickt. Diesen Anteilen waren Anschaffungskosten von rd. 90 000 DM zuzuordnen.

Im Rahmen zweier Kapitalerhöhungen führten die Gesellschafter der GmbH im Jahr 1994 Kapital zu. Hierfür wurden Gewinnanteile der Gesellschafter verwendet, die diesen mit der Ausgabe der neuen Anteile gegen Aufgeld zur Verfügung gestellt wurden. E übernahm anlässlich der Kapitalerhöhungen jeweils einen neuen Anteil im Betrag von nominal 867.900 DM; sie leistete darauf über den Nominalbetrag hinaus Aufgelder i.H.v. rd. 3 Mio. DM und rd. 4 Mio. DM. Der Anteil der steuerverstrickten Anteile der E sank infolge der Kapitalerhöhungen auf rd. 33 % bzw. auf rd. 24 %. Später übertrug E Geschäftsanteile im Nominalbetrag von rd. 3 Mio. DM – darunter alle steuerverhafteten Anteile – auf die GmbH. Sie erhielt dafür einen Preis von rd. 11 Mio. DM (knapp 350 DM je 100 DM des Nennwerts).

Die Rechtsnachfolgerin der E erklärte aus der Übertragung der steuerverstrickten Anteile einen Veräußerungsgewinn i.H.v. rd. 2 Mio. DM. Dabei rechnete sie die im Rahmen der Kapitalerhöhungen geleisteten Aufgelder zu einem Teil auch den bereits vorher vorhandenen Anteilen (einschließlich der steuerverstrickten Anteile) als nachträgliche Anschaffungskosten zu. Das FA wertete demgegenüber die Aufgelder ausschließlich als Anschaffungskosten für die neuen Anteile und errechnete deshalb einen entsprechend höheren Veräußerungsgewinn.

Die deswegen erhobene Klage hatte (teilweisen) Erfolg (FG München, Urteil vom 08.04.2008, 2 K 863/06, Haufe-Index 1999808, EFG 2008, 1444).

 

Entscheidung

Der BFH sah das anders. Er wies die Klage insgesamt als unbegründet ab und bestätigte das FA in dessen Auffassung, dass es sich bei den Aufgeldern ausschließlich um Anschaffungskosten für die neuen Anteile handele, deren Gegenwert sie (mit-)repräsentierten.

 

Hinweis

1. Streitpunkt des Urteilsfalls war die Bemessung der Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf sog. einbringungsgeborener Anteile. Konkret ging es dabei darum, ob "nennwertübersteigende"Aufgelder, welche im Rahmen von Kapitalerhöhungen für den Erwerb neuer Kapitalanteile gezahlt wurden, entweder (1) als Anschaffungskosten hinsichtlich des Erwerbs der neuen Anteile anzusehen oder aber (2) teilweise den Altanteilen als nachträgliche Anschaffungskosten zuzurechnen sind, Letzteres mit der "schönen" Folge, den Veräußerungsgewinn in Bezug auf die einbringungsgeborenen Altanteile zu mindern.

2. Der BFH hat die erste Alternative angenommen:

Das Aufgeld (Agio), das ein Erwerber neuer Geschäftsanteile aufgrund der getroffenen Einlagevereinbarung über den Nennbetrag der Einlage hinaus an eine Kapitalgesellschaft zu leisten hat und welches gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB in der Bilanz als Kapitalrücklage auszuweisen ist, ist Bestandteil der Gegenleistung, die der Erwerber aufbringen muss, um die Beteiligungsrechte zu erwerben. Es ist dazu – und auch bezogen auf verschiedene Konsequenzen – auf das BFH-Urteil vom 24.04.2007, I R 35/05 (BFH/PR 2007, 375, BFH/NV 2007, 1758), dort zum Aufgeld bei einer Sacheinlage, zu verweisen. Es ist deshalb nur jenen Geschäftsanteilen als Anschaffungskosten zuzurechnen, für deren Erwerb es aufzubringen war.

Das gilt auch insoweit, als die Summe aus dem Nennbetrag des übernommenen Geschäftsanteils und dem Aufgeld den Verkehrswert des übernommenen Geschäftsanteils übersteigt ("Überpreis"). Es handelt sich bei dem den Verkehrswert übersteigenden Teilbetrag nicht um eine verdeckte Einlage, welche den Anschaffungskosten der Beteiligung zugerechnet und daher auch den vom Erwerber bereits vor der Übernahme der neuen Anteile gehaltenen Altanteilen zugeordnet werden könnte.

Denn das Aufgeld ist Bestandteil der Gegenleistung für die Verschaffung von Gesellschaftsrechten und wird folglich nicht unentgeltlich entrichtet und mithin auch nicht verdeckt eingelegt. Darin unterscheidet es sich von der freiwilligen Zuzahlung in das Gesellschaftsvermögen, die gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ebenfalls in die Kapitalrücklage einzustellen ist, bei der es sich jedoch um eine unentgeltliche Leistung des Gesells...

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