Leitsatz

1. Ein landwirtschaftliches Grundstück, welches im Zeitpunkt des Erwerbs an einen Dritten verpachtet ist, gehört unmittelbar zum notwendigen Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, wenn die beabsichtigte Eigenbewirtschaftung in einem Zeitraum von bis zu zwölf Monaten erfolgt.

2. Dies gilt gleichermaßen bei einem Verpachtungsbetrieb, wenn das hinzuerworbene Grundstück, welches im Zeitpunkt des Erwerbs an einen Dritten verpachtet ist, in einem Zeitraum von bis zu zwölf Monaten von dem bisherigen Betriebspächter bewirtschaftet wird.

3. Ist eine Eigen- bzw. Fremdnutzung des hinzuerworbenen Grundstücks durch den Inhaber bzw. den Pächter des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht innerhalb von zwölf Monaten möglich, kann dieses durch eine eindeutige Zuweisungsentscheidung dem gewillkürten Betriebsvermögen des Eigen- bzw. Verpachtungsbetriebs zugeordnet werden.

4. Ein Grundstück, welches mehr als 100 km von der Hofstelle entfernt liegt, kann regelmäßig weder dem notwendigen noch dem gewillkürten Betriebsvermögen eines aktiv bewirtschafteten oder eines verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zugeordnet werden.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1, § 6b, § 13 EStG, § 2 Abs. 1 Sätze 3 und 4, § 33 Abs. 1, § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG

 

Sachverhalt

Der Kläger unterhielt einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, dessen landwirtschaftliche Flächen verpachtet waren, während der Forst selbst betrieben wurde. Im Wirtschaftsjahr 92/93 verkaufte der Kläger landwirtschaftliche Nutzflächen und stellte den Gewinn in eine §-6b-Rücklage ein. Im Juli 1996 erwarb der Kläger eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 16 ha in einem ca. 80 km entfernten Ort und übertrug die Rücklage in seiner Bilanz zum 30.6.1997 auf die Anschaffungskosten des neuen Grundstücks. Dieses war bis September 2002 verpachtet. Nach Kündigung des stillschweigend verlängerten Pachtverhältnisses zum September 2005 bewirtschaftete der Kläger das Grundstück später selbst.

Das FA war der Meinung, das Grundstück sei kein Betriebsvermögen des Klägers geworden, und löste die Rücklage zum 30.6.1997 einschließlich des Zuschlags nach § 6b Abs. 7 EStG gewinnerhöhend auf.

Die gegen die ESt-Bescheide 1996 und 1997 erhobene Klage hatte erstinstanzlich Erfolg. Das FG sah die erworbene Fläche als notwendiges Betriebsvermögen an.

 

Entscheidung

Der BFH verwies das Verfahren an das FG zurück. Das Grundstück sei weder notwendiges Betriebsvermögen des alten noch eines neuen Betriebs geworden. Ob die Voraussetzungen für gewillkürtes ­Betriebsvermögen vorlägen, könne anhand der bisherigen Feststellungen des FG (FG Münster, Urteil vom 23.1.2009, 6 K 2931/04 E, Haufe-Index 2153865, EFG 2009, 1020) noch nicht beurteilt werden.

 

Hinweis

1. Das Urteil beschäftigt sich umfassend mit der Zuordnung von verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen zum Betriebsvermögen.

a) "Aufhänger" für die Äußerungen ist das Bemühen eines Land- und Forstwirts, den Gewinn aus der Veräußerung landwirtschaftlicher Nutzflächen nach § 6b EStG auf ein Ersatzwirtschaftsgut zu übertragen.
b) Im Urteilsfall hatte der damals hauptberuflich nicht selbstständig tätige Kläger sämtliche landwirtschaftlichen Nutzflächen verpachtet und nur den Forst weiter selbst bewirtschaftet. Den Betrieb bzw. den evtl. bestehenden landwirtschaftlichen Teilbetrieb musste der Kläger nicht aufgeben, sondern konnte nach den Betriebsverpachtungsgrundsätzen weiter betriebliche Einkünfte beziehen, auch wenn die Absicht zur Wiederaufnahme der Eigenbewirtschaftung möglicherweise nicht ­bestand. Diese bislang von der Rechtsprechung ­entwickelten Grundsätze sind jüngst durch das StVereinfG 2011 in das EStG aufgenommen worden (§ 16 Abs. 3b EStG).

2. Bereits mit Urteil v. 24.9.1998, IV R 1/98 (BFH/NV 1999, 398) hatte der BFH zugelassen, dass auch ein landwirtschaftlicher Verpachtungsbetrieb seinen Grundstücksbestand ergänzen kann. Dies betrifft nicht – wie im damaligen Fall – nur Grundstücke des notwendigen Betriebsvermögens, etwa Nutzflächen, die zur Arrondierung des verpachteten Hofs erworben und dem Pächter mit verpachtet werden. Der Verpächter kann nach dem hier besprochenen Urteil auch gewillkürtes Betriebsvermögen bilden.

3. Erwirbt ein Landwirt eine verpachtete Nutzfläche, kann diese ungeachtet der Verpachtung notwendiges Betriebsvermögen sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Erwerber erkennbar die Eigenbewirtschaftung beabsichtigt und sich dieser Wille auch in überschaubarer Zeit verwirklichen lässt. Der BFH bemisst diesen Zeitraum jetzt typisierend mit 12 Monaten. Wird das Grundstück zu einem Verpachtungsbetrieb hinzuerworben, muss es innerhalb der 12-Monats-Frist vom Pächter des Betriebs bewirtschaftet werden können.

4. Kann das Grundstück nicht innerhalb dieser Frist vom Erwerber oder dessen Pächter bewirtschaftet werden, ist es deshalb noch nicht notwendiges Privatvermögen. Vielmehr kommt auch eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen in Betracht. Dafür ist neben der ausdrücklichen Wille...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge