Leitsatz

1. Leben die Eltern eines gemeinsamen Kindes in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen und sind in deren Haushalt auch zwei ältere, aus einer anderen Beziehung stammende Kinder eines Elternteils aufgenommen, erhält der andere Elternteil für das gemeinsame Kind nicht den nach § 66 Abs. 1 EStG erhöhten Kindergeldbetrag für ein drittes Kind.

2. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass einem in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Elternteil im Hinblick auf die in seinem Haushalt lebenden, bei ihm kindergeldrechtlich nicht zu berücksichtigenden Kinder des anderen Elternteils der Zählkindervorteil versagt wird, während einem Stiefelternteil dieser Zählkindervorteil für die Kinder seines Ehegatten gewährt wird.

 

Normenkette

§ 63 Abs. 1 Satz 1, § 66 Abs. 1, § 32 Abs. 1, Abs. 6, § 31 EStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Vater der im März 2016 geborenen Tochter T und lebt mit der Kindsmutter in einem gemeinsamen Haushalt, zu dem auch die beiden 2009 und 2012 geborenen ehelichen Kinder der Lebensgefährtin des Klägers gehören.

Die Familienkasse setzte auf Antrag des Klägers ab März 2016 Kindergeld für T i.H.v. 190 EUR fest. Den Einspruch des Klägers, mit dem er begehrte, das Kindergeld auf 196 EUR zu erhöhen, weil T als sein drittes Kind zu berücksichtigen sei, wies sie als unbegründet zurück.

Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 6.3.2017, 9 K 2057/16 Kg, Haufe-Index 10643782)

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers wurde vom BFH als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Das Kindergeldrecht unterscheidet zwischen Zählkindern und Zahlkindern. Zählkinder sind Kinder, die beim Berechtigten zu berücksichtigen sind, für die er aber das Kindergeld nicht erhält, weil es z.B. an den anderen Elternteil gezahlt wird (§ 64 Abs. 2 EStG). Zahlkinder sind die zu berücksichtigen Kinder, für die er Kindergeld erhält.

2. Das Kindergeld orientiert sich an der Anzahl und Reihenfolge der beim Kindergeldberechtigten berücksichtigungsfähigen Kinder; es beträgt derzeit für erste und zweite Kinder jeweils 194 EUR, für dritte Kinder 200 EUR sowie ab dem vierten Kind 225 EUR. Maßgeblich ist die Reihenfolge der Geburt.

3. Berücksichtigt werden die im ersten Grad mit dem Kindergeldberechtigten verwandten Kinder (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG), Pflegekinder (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG), die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten und die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Enkel. Die Kinder einer Lebensgefährtin sind weder leibliche Kinder noch Adoptivkinder und fallen damit nicht unter § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Sie sind auch keine Pflegekinder, wenn das Obhuts‐ und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern fortbesteht. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht.

4. Um das Kindergeld für die Zahlkinder zu maximieren, die im gemeinsamen Haushalt der Eltern leben, sollte daher derjenige zum Berechtigten bestimmt werden, bei dem sich der Zählkindvorteil auswirkt (§ 64 Abs. 2 Satz 2 EStG).

5. Bei Ehegatten, die mit einem gemeinsamen Kind und älteren Kindern eines Partners aus einer früheren Verbindung zusammenleben, ist es gleichgültig, wer das Kindergeld für das gemeinsame Kind erhält.

6. Sind die Eltern nicht verheiratet, können die Kinder des anderen Elternteils nicht berücksichtigt werden. Zum Berechtigten für das gemeinsame Kind sollte dann derjenige bestimmt werden, dem die anderen Kinder zuzurechnen sind.

Dabei ist unerheblich, welcher Elternteil ein höheres Einkommen versteuert. Denn der Elternteil, der das Kindergeld für das gemeinsame Kind nicht erhält, kann die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG erhalten, wenn die "einfachen" Kinderfreibeträge eine höhere Entlastung bewirken als der halbe Anspruch auf Kindergeld (sog. Günstigerrechnung, § 31 Satz 4 EStG).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.4.2018 – III R 24/17

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