Leitsatz

1. Arbeitslohn aus Beiträgen des Arbeitgebers zu einer Direktversicherung des Arbeitnehmers für eine betriebliche Altersversorgung fließt dem Arbeitnehmer nicht schon mit Erteilung der Einzugsermächtigung durch den Arbeitgeber zugunsten des Versicherungsnehmers zu. Der Zufluss erfolgt erst, wenn der Arbeitgeber den Versicherungsbeitrag tatsächlich leistet.

2. Der Arbeitnehmer bezieht nicht laufend gezahlten Arbeitslohn (sonstige Bezüge) im Zeitpunkt des Zuflusses.

3. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG ist auf sonstige Bezüge nicht anwendbar.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 63, § 4b, § 11 Abs. 1 Sätze 2 und 4, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3, Abs. 1 Satz 2, § 38 Abs. 1 und 3 Satz 1, § 38a Abs. 1 Sätze 2 und 3, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 5, § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO, § 102 FGO

 

Sachverhalt

Die Klägerin schloss zum 1.12.2010 bei der L-Versicherung für ihren angestellten Gesellschafter-Geschäftsführer (G) eine betriebliche Direktversicherung (Rentenversicherung) ab. G war unwiderruflich bezugsberechtigt. Die Direktversicherung beruhte auf einer Entgeltumwandlung. Die Klägerin behielt den Versicherungsbeitrag für die Zeit bis 30.11.2011 i.H.v. 4.440 EUR im Dezember 2010 vom Lohn des G ein. Die L-Versicherung buchte den Beitrag für diesen Zeitraum jedoch erst per Einzugsermächtigung am 7.1.2011 vom Geschäftskonto der Klägerin ab. Die Abbuchung des Beitrags für den Folgezeitraum, den 1.12.2011 bis zum 30.11.2012, erfolgte in nämlicher Höhe im Dezember 2011. Die Klägerin behandelte die Versicherungsbeiträge in ihren Lohnsteuer-Anmeldungen als steuerfreien Arbeitslohn gemäß § 3 Nr. 63 EStG. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung bei der Klägerin gelangte der Prüfer zu der Auffassung, G seien im Jahr 2011 Versicherungsbeiträge i.H.v. insgesamt 8.880 EUR als Arbeitslohn zugeflossen. Steuerfrei nach § 3 Nr. 63 EStG sei aber lediglich ein Betrag i.H.v. 4.440 EUR im Jahr. Der zweite Beitrag sei deshalb steuerpflichtig. Dem folgte das FA und erließ einen entsprechenden Lohnsteuerhaftungsbescheid zulasten der Klägerin. Das FG gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage statt (FG Köln, Urteil vom 24.9.2015, 15 K 3676/13, Haufe-Index 8821162, EFG 2016, 230).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das habe die Versicherungsbeiträge zu Unrecht insgesamt als steuerfreien Arbeitslohn beurteilt. Die Sache sei jedoch nicht spruchreif. Denn das FG habe – von seinem Standpunkt aus zu Recht – nicht geprüft, ob der angefochtene Haftungsbescheid im Übrigen rechtmäßig sei.

 

Hinweis

1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStGhaftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat.

2. Beitragsleistungen des Arbeitgebers für eine Direktversicherung, bei der der Arbeitgeber – wie vorliegend – gegenüber dem bezugsberechtigten Arbeitnehmer verpflichtet ist, die Beiträge für die Versorgung des Arbeitnehmers einzubehalten und an den Versicherer abzuführen, sind gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStGArbeitslohn (z.B. BFH, Urteil vom 12.4.2007, VI R 55/05, BFH/NV 2007, 1412; BFH, Urteil vom 5.7.2012, VI R 11/11, BFH/NV 2013, 294, BFH/PR 2013, 82).

3. Laufend gezahlter Arbeitslohn (§ 38a Abs. 1 Satz 2 EStG) ist nur ein solcher, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt (LStR 2015 R 39b.2 Abs. 1). Wird Arbeitslohn nicht laufend gezahlt, handelt es sich hingegen um einen sonstigen Bezug (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Dies gilt insbesondere für Bezüge, die im Kalenderjahr nur einmal gezahlt werden, auch wenn sie sich in aufeinanderfolgenden Jahren wiederholen (LStR 2015 R 39b.2 Abs. 2).

4. Bei den im Streitfall zu beurteilenden Beitrags­zahlungen der Klägerin handelte es sich hiernach um einen sonstigen Bezug. Denn die Klägerin musste die Versicherungsbeiträge an die L‐Versicherung nicht fortlaufend, sondern prinzipiell nur einmal im Jahr entrichten. Etwas anderes ergibt sich – anders als die Klägerin meint – auch nicht daraus, dass die Beitragszahlungen auf einer Entgeltumwandlung beruhten. Denn dies ändert nichts daran, dass der Arbeitslohn, der dem G aufgrund der Beitragszahlungen zufloss, nicht laufend, sondern in der Regel nur einmal im Jahr gezahlt wurde. Die Entgeltumwandlung bewirkte vielmehr gerade, dass sich der laufende Arbeitslohn des G zugunsten des in den Beitragszahlungen liegenden sonstigen Bezugs reduzierte.

5. Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstiger Bezug), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Zuflusszeitpunkt ist der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers. Bei der Zuwendung von Arbeitslohn in Form von Beiträgen des Arbeitgebers an eine Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung des Arbeitnehmers erfüllt der Arbeitgeber den Anspruch des Ar...

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